Blattkritik: Michael Köckritz, Chefredakteur von “ramp”, über “art”.

Blattkritik-art-Michael Köckritz
Michael Köckritz, Chefredakteur von ramp, nimmt für turi2 art in die Hand und lobt den “plakativen, klaren Titel” und die “liebevolle Gestaltung” des Kunstmagazins. Er kritisiert, dass die Redaktion zu großzügig mit dem Farbeimer umgeht und zu wenig über Geld spricht.

Vorab:
Irgendwann in den frühen Achtzigern hatte ich mir einmal art gekauft. Das Tennismagazin war schon vergriffen. Ein Kunstmagazin, das jenseits von Dürer & Co zu einem anregenden Eintauchen in zeitgenössische Kunst und eine lebendige Szene lockt, war damals für mich und überhaupt neu. Dass ich in der Folge immer mehr Freude an aktueller, moderner Kunst und den damit verbundenen Menschen entwickeln konnte, daran war dann “art” nicht unbeteiligt. Mit “art” war zeitgenössische Kunst auf den Wohnzimmertischen und bei mir angekommen. Toll! Unbefangen bin ich dem Heft gegenüber also nicht. Na ja, und seitdem lockt mich das Heft natürlich auch immer wieder einmal, nicht regelmäßig, aber hin und wieder greife ich einfach gerne und gespannt zu. Auch bei dieser Ausgabe.

Das gefällt:
Ein plakativer, klarer Titel mit einem genialen Wenders-Foto. Wie gemalt. Die Konzentration auf zwei angeteaserte Themen. Einmal das Titelthema Wim Wenders, dazu gibt es den kurzen Hinweis, in dieser Ausgabe einen Blick in Richtung Zukunft der Malerei zu wagen. Über allem signalisiert ein starkes Logo wie ein Statement, was hier Sache ist. Lackiert! Das Cover fällt im wilden Kiosk-Heft-Dschungel reizvoll auf.

Tim Sommers Editorial-Gedanken kristallisieren sich am Kulturgutschutzgesetz. Klar, aktuell, passt. Man ist sofort in der Welt von “art”. Die ausgewählten Bilder von Wim Wenders sind grandios, sogar einen Altarfalz gibt es, damit die Inszenierung wirkt. Ein gutes Interview. Die Themen überhaupt? Überraschend bis manchmal scheinbar willkürlich, aber gerade auch deshalb anregend, letztlich schlüssig. Diejenigen, die hier schreiben, haben einfach eine Ahnung.
Nach dem letzten Relaunch gibt sich das Heft noch moderner. Bunt und farbig. Aber auch so schafft man einen guten Zugang in eine sehr, sehr lebendige, bunte Welt. Das Gefühl hautnah dabei zu sein. Im Heft entwickelt sich dann aber an wichtigen Stellen auch einmal etwas ruhigere Räume für die Kunst. Ein guter, übersichtlicher Infoteil hinten. Überhaupt eine gute, moderne Typo, die Gestaltung sichtbar liebevoll und für den Betrachter und Leser sehr kurzweilig.

Das gefällt nicht:
Manchmal treibt das Heft die Freude an der Buntheit an die Grenze. Die Wert- und Investitionsaspekte, die moderne Kunst bietet, kommen zu kurz. Eine vernünftige, entspannte Hilfestellung könnte hier im Heftkonzeptkontext durchaus Sinn machen. An manchen Stellen könnte sich “art” vielleicht auch einmal einen etwas ganzheitlicheren Blick auf Kultur und Gesellschaft überhaupt erlauben.

Das können wir daraus lernen:
So hält man eine Heftidee sehr ruhig und souverän lebendig. “art” erfindet sich nicht fortwährend oder gar aktionistisch neu, entwickelt sich aber mit einer sich dynamisch entwickelnden Kunstwelt ebenso lebendig wie unaufdringlich-kontinuierlich weiter. Dazu die substantielle Heftpersönlichkeit in Verbindung mit einer Qualität, die Halt gibt und einfach Freude macht. So macht Print Sinn.

Bisher wurden folgende Titel einer Blattkritik unterzogen: 11 Freunde, art, auto motor und sport, B.Z., Cicero, Clap, c’t, Donna, Enorm, Euro am Sonntag, Fit for Fun , Gala, Geo Wissen Gesundheit, Kontext, Merian, National Geographic, People, Playboy, Séparée, Sneaker Freaker, Spektrum der Wissenschaft, Women’s Health, Zeit-Magazin.

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