Blattkritik: Wolfgang Hess, Chefredakteur “Bild der Wissenschaft”, über “Yps”.

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Wolfgang Hess, Chefredakteur von Bild der Wissenschaft, liest für turi2 Yps. Spätestens beim langen Comic-Anteil merkt er, nicht wirklich zur Zielgruppe zu gehören. Mit dem Gimmick fängt “Yps” ihn aber wieder ein.

“Yps” sagte mir nix. Doch damit war ich der Einzige in der Familie. Meine Söhne, meine Frau, alle wussten mit dem Magazin etwas anzufangen: Das sind doch die mit den Gimmicks und den Comics! Als ich das aktuelle Heft für diese Heftkritik in einem Bahnhofskiosk suche, bedeutet mir die Verkäuferin: “‘Yps’ liegt unmittelbar hinter ihnen.” Also gewissermaßen am Verkaufstresen, was für eine gute Vertriebsperformance des Magazins (Heftpreis: 6,90 Euro) spricht. Ein Gimmick “Alarm für die Schublade” ziert die aktuelle Ausgabe 5/2015. Ein aufgeklebtes Booklet “Der Survival-Guide für die ApokalYPSe ” gibt’s noch obendrauf. Zuhause angekommen, probiere ich den Schubladenalarm sofort aus: Er funktioniert. Ich bin beeindruckt.

Dann blättere ich die 100-Seiten Ausgabe durch. Thematisch bekomme ich bestätigt, warum “Yps” bisher nicht einmal zu meiner gelegentlichen Lektüre gehört: 41 Seiten Comics. Comics registriere ich, inzwischen 63, seit meinen Jugendtagen so gut wie nicht mehr. Bei dem Magazin, das ich als Chefredakteur verantworte, konnte ich sie über 22 Jahre stets verhindern. Aber: Die Gelegenheit, ein Comic-Magazin kennenzulernen, musst du nutzen, sage ich mir. Ich nehme mir also Zeit, die 41 Seiten sorgfältig “durchzuarbeiten”.

Comics sehen heute offensichtlich noch genauso aus, wie ich sie aus früheren Tagen in Erinnerung habe. Und: Sie haben auch keine neuen Botschaften – zumindest nicht die in “Yps”, Nr. 1271. Am besten gefällt mir die Strecke “Yps & Co”, die Story mit den Comicfiguren Kaspar, Patsch und Willy, die ein “Ärzte”-Konzert besuchen, das dann aufgrund des Holzwurmbesatzes der Gitarre von Farin abgebrochen wird.

Zwei der fünf sechs- bis neunseitigen Comicstrecken sind Wiederholungen uralter “Yps”-Ausgaben. Das Magazin gibt es in Deutschland seit 40 Jahren – mehrere Reanimationspausen inbegriffen.
Wie schräg alte Comics heute daherkommen können, belegt ein Nachdruck der ersten Serienveröffentlichung von Albert Uderzo und René Goscinny “Pitt Pistol”. In dem gezeigten Comic landet der junge Korsar Pitt auf einer Insel. Die dortigen Bewohner erfüllen alle Attribute, die man über “Menschenfresser” je gehört hat und bringen außer Wörtern wie Walla, Walla und Wullu, Wullu oder Glupp nichts über die Lippen. Natürlich wollen sie Pitt und Co. in einem großen Bottich kochen.

Andere Artikel von “Yps” Nr. 1271 sind: Ein Interview über österreichische Bemühungen, eine bemannte Mars-Mission in der Gletscherwelt der Alpen zu simulieren. Ein Motivationsbeitrag für Leser, wie sie ihre Ideen kultivieren und vor natürlichen Feinden beschützen können. Ein Vierseiter mit Bildern und Daten über Vans und kleine Busse – mit Datenblocks ähnlich jenen, wie ich sie aus Quartetten kenne, die ich in den Sechzigerjahren in der Schule bis zum Überdruss spielte. Auch eine Witzeseite ist im Angebot. In seltenen Fällen kann dabei sogar geschmunzelt werden.

Sie haben verstanden: Ich gehöre nicht zur Zielgruppe des inzwischen bei Egmont Ehapa Media herausgegebenen “Kult-Magazins für Erwachsene” (so der Claim). Immerhin bekomme ich gerade – Samstagnachmittag – mit der Post “Yps” für diese Heftkritik vom Verlag: Nun kann ich zwei Schubfächer mit dem Alarmgimmick versehen: Schubladendiebe haben bei mir dank “Yps” keine Chance mehr, unbemerkt zu entkommen.

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In der Reihe Blattkritik erschienen bisher Beiträge über: 11 Freunde, art, auto motor und sport, B.Z., chrismon, Cicero, Clap, c’t, Donna, Enorm, Euro am Sonntag, Fit for Fun , Gala, Geo Wissen Gesundheit, Horizont, Kontext Wochenzeitung, Merian, National Geographic, People, Playboy, ramp, Séparée, Sneaker Freaker, Spektrum der Wissenschaft, t3n, Tichys Einblick, Titanic, Vice, Walden, Women’s Health, Yps, Zeit-Magazin.

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