Blattkritik: Philipp Köster, Chefredakteur “11 Freunde”, über “c’t”.

blattkritik-11freunde-ct-600Philipp Köster lobt die Computerzeitschrift c’t als verlässlichen Begleiter im digitalen Wandel. Die Optik erinnert den Chefredakteur von 11 Freunde allerdings eher an eine “Apothekenumschau für Stubenhocker”.

Wer gerne Ahnung von Computern hätte, greift zu “Wired” oder zur Getränkekarte im St. Oberholz. Wer hingegen Ahnung von Computern hat, liest “c’t”, das Magazin für Computertechnik. Denn c’t ist ein Magazin für Auskenner. Für Leute, die sich beim Blick ins Inhaltsverzeichnis nicht ratlos fragen, was denn bitte ein “Desktop-CPU Core i7–5000” ist und ob für “AMD Radeon R9 Fury” wohl Pferde leiden mussten. Und für Leute, die beim Satz “Am besten flashen sie gleich ein Custom-ROM und bekommen eine aktuelle Android-Version, bessere App-Kontrolle und mehr Privatsphäre” beifällig nicken.

Was nicht gefällt
Dabei ist “c’t” optisch ein gedruckter Anachronismus. Auf dem Cover werden seit vielen Jahren allenfalls passabel fotografierte Produkte auf den immergleichen blauen oder grünen Verlaufshintergrund geklemmt. In der aktuellen Ausgabe 15/15 raucht im Hintergrund ein Rechner ab, vorne blinkt ein Warndreieck, natürlich gehts ums Thema “PC-Pannenhilfe”. Drinnen wird die Gestaltung nicht unbedingt ambitionierter. Bös formuliert: Apothekenumschau für Stubenhocker.

Was gefällt
Aber dahinter: pure Leidenschaft. Leidenschaft für “robuste USB-Platten” für “E-Books mit Calibre” und für Heizungssteuerungen im Eigenbau. Dafür, den Lesern in der Flut von neuen Geräten, Apps und Programmen etwas Orientierung zu verschaffen. Dafür, aus den aufgeblasenen Herstellerinformationen, die stets die nächste Revolution versprechen, die Luft rauszulassen. Und all das wird nicht mit dem Duktus des allwissenden Oberlehrers vorgetragen, sondern auf Augenhöhe. Das schaffen nicht viele Zeitschriften.

Und letztlich liegt darin auch die gesellschaftliche Bedeutung von “c’t”. Das Magazin nimmt zum rasanten digitalen Wandel, der unser aller Leben verändert, eine wohltuend simple, nämlich konsequent technische Haltung ein und stellt letztlich nur eine Frage: Was gibts Neues und was taugt es? Und das in einer Zeit, in der jeder, der ein iPhone richtig herum halten kann, glaubt, sieben Thesen zur Zukunft der digitalen Welt im Allgemeinen oder des Online-Journalismus im Speziellen heraushauen zu müssen.

Deshalb kaufen und lesen Sie “c’t”. Und gleich danach flashen Sie ein Custom-ROM.

Im Blattkritik-Reigen schrieb in der vergangenen Woche Johannes Endres über “Sneaker Freaker”.

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