Artikel-Kiosk Blendle startet diese Woche in Deutschland.

Blendle de 600
Liegt die Zukunft der Printmedien auch im digitalen Einzelverkauf von Artikeln? Das holländische Startup Blendle will es beweisen – und bekommt die Unterstützung von turi2.

Will it blendle? Ausgerechnet ein kleines Startup aus dem Königreich Holland soll den deutschen Verlagen den Weg in die Web-Zukunft weisen. Der digitale Artikel-Kiosk Blendle startet diese Woche die öffentliche Betaphase seines Deutschland-Auftritts und will künftig deutsche Zeitschriften und Zeitungen entbündeln und einzelne Artikel daraus digital verkaufen. Im September soll es offiziell losgehen. Die wichtigsten Verlagshäuser Deutschlands sind dabei – bis auf Bauer und Burda.

Die Verlage wollen mit Blende realisieren, was Gründer und CEO Marten Blankesteijn, 28, im Mai beim Branchenfernsehen turi2.tv so lebhaft beschrieben hat: Der Leser soll wie in einem digitalen Kiosk einzelne Artikel kaufen, teilen, empfehlen und diskutieren können. Das Produkt Zeitung oder Zeitschrift wird entbündelt und in die Web-Welt integriert.

Größter Befürworter von Blendle in Deutschland ist der Springer-Verlag, der mit allen Zeitungen und Zeitschriften in den digitalen Artikelverkauf geht. Kein Wunder: Springer hält zusammen mit der “New York Times” 23 % an der 50-Mann-Firma Blendle, die Mehrheit liegt bei den Gründern. Auch Gruner + Jahr ist geblendlet, Chefin Julia Jäkel schwärmt von einem “Schritt vorwärts” und gibt sich überzeugt davon, dass “Nutzer in Deutschland Blendle lieben werden”.

Mit dabei sind auch die “Süddeutsche Zeitung”, die “Zeit”, DuMont, die Motor-Presse, der “Kicker”, Ringier und mehrere Regionalzeitungen wie “Tagesspiegel”, “Stuttgarter Zeitung”, “Rheinische Post” und “Mannheimer Morgen”. Die “FAZ” ziert zwar schon die Startseite, aber die Verhandlungen laufen noch. Insgesamt sind zum Start 30 Magazine und Zeitungen dabei. Sie dürfte überzeugt haben, dass Blendle in Holland innerhalb eines Jahres 300.000, meist junge Nutzer gewonnen hat und den Verleger – nach eigenen Angaben – mehr Geld bringt als Apple.

Noch fehlen namhafte Verlage: Schmerzlich vermisst wird Burda, das Haus des VDZ-Präsidenten Hubert Burda, aber auch Bauer, inzwischen Europas größtes Zeitschriftenhaus. Und die Fachverlage will Blankesteijn in einem zweiten Schritt angehen. Für Verlage ist Blendle ein zweischneidiges Schwert: Das alte Geschäftsmodell, das eine Abfolge von Artikeln, garniert mit bezahlter Werbung als Bündel verkauft, ist zumindest bei der Zielgruppe digital natives wohl ein Auslaufmodell. Über Blendle könnten die Aboverweigerer einzelne Artikel kaufen und so ihr Scherflein zur Finanzierung von Qualitätsjournalismus beitragen.

turi2 wird Blendle übrigens unterstützen und im Newsstream einen Link setzen zu allen Bezahl-Artikeln, die via Blendle zu kaufen sind. Wir glauben, dass der Online-Kauf einzelner Artikel den Nutzen von turi2 als Aggregationsdienst für seine Leser deutlich erhöht. Eine Provison erhalten wir dafür nicht. Um unsere Unabhängigkeit und die Navigator-Funktion zu wahren, gehen wir wie in der Selbstverpflichtung beschrieben auch weiterhin keine Medienkooperationen ein.
blendle.com/de, turi2.tv (4-Min-Interview mit CEO Blankesteijn), t3n.de (Meinung), cicero.de (Background)