Deutsche Bank fährt große Markenkampagne vier Monate lang intern.


#PositiverBeitrag: Jörg Eigendorf und Lareena Hilton sprachen per Konferenzschaltung aus Frankfurt und London mit Peter Turi, Walldorf.

“Wer im Dialog sein will, muss digital sein.”

Intern first: Die von Negativschlagzeilen gebeutelte Deutsche Bank startet eine weltweite Kampagne für ein besseres Image mit dem Hashtag #PositiveImpact – und kommuniziert bis Herbst dabei nur intern. Markenchefin Lareena Hilton und Unternehmenssprecher Jörg Eigendorf verraten turi2, was sie vorhaben.

Frau Hilton, Herr Eigendorf, die Deutsche Bank will 2017 mit einer neuen Markenkampagne die Krisenzeiten hinter sich lassen. Wie wäre es, Sie nehmen einfach den alten Slogan aus den Neunzigern nochmal: “Vertrauen ist der Anfang von allem” – genau dieses Vertrauen in die Deutsche Bank ist ja verloren gegangen.

Lareena Hilton: Das ist eine sehr gute Frage, denn das war ein sehr guter Slogan. Er ist aber Vergangenheit. Anders als früher wollen wir von Vertrauen nicht reden – wir wollen uns das Vertrauen verdienen. Unsere neue Markenkampagne zeigt, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der Deutschen Bank für unsere Kunden und für die Gesellschaft einen positiven Beitrag leisten wollen, dass sie viel Positives bewirken. Und wir zeigen, wie dieser Beitrag jeweils aussieht, also ganz konkret und praktisch. Das ist die Art und Weise, wie wir verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen wollen.

Jörg Eigendorf: Statt eines Slogans oder eines Spruchs haben wir nur noch einen Hashtag: #PositiveImpact oder #PositiverBeitrag im Deutschen. Damit wollen wir einen Dialog starten. Ein Hashtag ist dynamisch, einen Hashtag kann man verändern. Werden wir diesen Hashtag noch in zehn Jahren haben? Nein, sicher nicht. Außerdem wissen wir, dass selbst ein noch so guter Slogan heutzutage sofort kritisiert und schlecht gemacht würde, weil die Deutsche Bank eben sehr kritisch betrachtet wird. Mit einem Hashtag können wir auch darauf schneller reagieren. Mit einem fixen Spruch ist das nicht möglich.

Ein anderer Slogan der Deutschen Bank war “Reden wir darüber”. Mit wem wollen Sie denn zuerst über die Kampagne reden?

Hilton: Wir wollen zuerst mit den Mitarbeitern reden. Bevor wir uns nach außen wenden, starten wir intern. Die Kampagne #PositiveImpact oder #PositiverBeitrag ist mehr als nur Marketing. Es ist ein Kommunikationsprogramm, in das sich jeder in unserer Bank einbringen kann und das jeden dabei unterstützen soll, besser im Sinne unserer Kunden und für die gesamte Bank zu wirken. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben ein paar wirklich harte Jahre hinter sich. Die Kampagne hilft ihnen hoffentlich, wieder stolz auf ihre Arbeit zu sein.

Eigendorf: Es wird eine Kampagne mit echten Mitarbeitern, echten Kunden und wahren Geschichten. Früher musste immer alles super perfekt sein, und so sahen die Marketing-Kampagnen dann auch aus: perfekte Menschen, die Models waren, in einer perfekten Welt, sehr inszeniert. Wir starten daher unsere interne Kampagne mit den Beiträgen von rund 300 Kolleginnen und Kollegen, die beispielhaft ihre persönlichen Geschichten erzählen. Das tun sie manchmal nur ganz kurz mit einem Satz, in dem sie eine Haltung zum Ausdruck bringen. Oder mit einem konkreten Beispiel, wie man einem Kunden geholfen hat.

Wie geht’s dann weiter?

Eigendorf: Darauf können dann unsere fast 100.000 Kolleginnen und Kollegen weltweit reagieren, sich beteiligen und einen Dialog starten. Wir werden sehen, was ihnen gefällt und wo es nicht so gut funktioniert. Schon jetzt hat die Kampagne sehr viele Mitarbeiter mobilisiert und Kräfte freigesetzt. Wir zeigen, was die Bank für ihre Kunden jeden Tag leistet, was es alles Gutes gibt und wie wir uns verändern. So werden wir das intern leben, was wir dann später nach außen tragen.

In den 80er Jahren lernten wir, dass PR zuhause anfängt. Lernen wir jetzt, dass auch Markenwerbung am besten inhouse startet?

Hilton: Absolut. Die Marke, das sind unsere Leute. Jeder Kollege, jede Kollegin kann unsere Marke stärken. Das gilt auch umgekehrt, wenn es nicht so gut läuft. So wie wir uns täglich verhalten, wie wir mit unseren Kunden umgehen und mit unseren Kollegen, das alles wirkt sich auf unsere Marke aus. Was zählt ist, dass jeder weiß: Du bist willkommen, Du kannst Dich einbringen und Deinen Beitrag zur Marke Deutsche Bank leisten.

Heißt das, im Jahr 2017 sollte eine Kommunikationsstrategie nicht von oben nach unten funktionieren?

Hilton: Wir haben beides, die Unterstützung des Vorstands als auch die Kooperation mit unseren Kollegen. Das war ein langwieriger Prozess, bei dem wir viele Gespräche mit dem Management und vielen Mitarbeitern geführt haben. Wir haben versucht, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen in den Entstehungsprozess der Kampagne einzubinden. Uns war es sehr wichtig, maximalen Rückhalt zu haben.

Eigendorf: Ich würde es noch etwas erweitern. Zunächst braucht ein Unternehmen eine gemeinsame Vision, auf der es eine Strategie und eine Kultur entwickelt. Daraus leitet sich dann die Marke und letztendlich die gesamte Kommunikationsstrategie ab. Wenn man das nicht eng aufeinander abstimmt, läuft ein Unternehmen Gefahr, etwas nach außen zu tragen, was es nicht ist. Dann verspielt man Vertrauen und Glaubwürdigkeit. In der Mitte stehen deshalb unsere Mitarbeiter und ihre Kunden. Denn sie sind es, die unsere Bank und die Persönlichkeit unseres Unternehmens ausmachen.

Wann ist die Kampagne intern gestartet?

Hilton: Die Kampagne startet heute offiziell mit einer E-Mail von John Cryan an alle Mitarbeiter. Was kommt dann? Wir haben eine spezielle Seite in unserem Intranet geschaffen, die wir allmählich zu unserem internen sozialen Netzwerk ausbauen wollen. Hier können Kolleginnen und Kollegen ihre Beiträge teilen, letztendlich wie auf Facebook.

Wann gehen Sie mit der Botschaft nach draußen?

Hilton: Nach den Sommerferien. Beim genauen Zeitpunkt legen wir uns noch nicht fest.

Wenn der externe Auftritt etliche Monate nach dem internen Auftakt erst startet, wie wollen Sie gewährleisten, dass die Inhalte der Kampagne in dieser Zeit intern bleiben?

Eigendorf: Das sehen wir entspannt. Wenn die Öffentlichkeit darüber reden und debattieren will, was wir bewirken, dann kann uns das nur recht sein. Gleichzeitig lassen wir uns davon nicht unter Zeitdruck setzen. Wir wollen erst sehen, wie unsere Kolleginnen und Kollegen reagieren, was passiert, wohin die Diskussion intern geht. Hier entstehen gerade erstaunliche Videos, Botschaften, Debatten. Wir werden neue Ideen entwickeln und in den Monaten bis Herbst sehr kreativ sein.

Das klingt so, als würden Sie wie ein Medium agieren?

Eigendorf: In gewissem Sinne schon. Wir müssen wie eine moderne Redaktion arbeiten – sehr agil, kreativ und offen. Wir haben gerade unseren zentralen Newsroom eingerichtet, in dem interne und externe Kommunikation sowie digitale Kommunikation integriert arbeiten. Alle wissen, wie wichtig diese neue Markenkampagne als Teil unserer Kommunikationsstrategie ist.

Und was machen Sie, wenn die Deutsche Bank wieder Negativschlagzeilen schreibt – kommt dann der Hashtag #NegativerBeitrag?

Eigendorf: Dann werden wir uns auch damit auseinandersetzen. Es ist doch klar, dass immer wieder auch Sachen schiefgehen. Dann kommt es darauf an, wie wir als Bank damit umgehen und welche Lehren wir daraus ziehen. Das ist Teil des Dialogs, den wir anstoßen wollen.

Setzen Sie bei der Markenkampagne auf klassische Agenturen? Oder machen Sie alles inhouse?

Hilton: Wir haben mit einer bunten Mischung von externen Agenturen, Marken- und Werbeexperten sowie Medienkonzernen zusammengearbeitet, und nicht mit einer klassischen Agentur. Auf die Mischung kommt es uns an, denn unser Auftritt nach innen und außen wird ein Medien-Mix sein. Extern werden wir TV nutzen, ebenso wie die digitalen und klassischen Medien, Print und Online. Aber wir werden neue Wege gehen. Es hat sich viel verändert in der Medienbranche. Wer im Dialog sein will, muss digital sein. Und das hat den Vorteil, dass wir sehr genau analysieren können, wofür wir unser Geld hier ausgeben.

Anders als mancher Laie denkt, wird das Geld in der Deutschen Bank ja nicht gedruckt, sondern ist auch dort neuerdings knapp. Wie viel Geld wollen Sie für die Kampagne denn ausgeben?

Eigendorf: So viel, dass sie einen positiven Beitrag leisten wird.