“Wirtschaftsjournalist” zerpflückt “Steingarts große Pläne”.

Gabor Steingart 2011 dpa Britta Pedersen 600

Juniorverleger Gabor Steingart bleibt bei der Verlagsgruppe Handelsblatt umstritten: Die einen loben seinen “Mut zu Neuem”, die andere kritisieren seinen “Hang zur Selbstüberschätzung”. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Einen Blick in die Bilanzen der Verlagsgruppe Handelsblatt wirft der Wirtschaftsjournalist aus dem Hause Oberauer – und sieht “Steingarts große Pläne” durchaus skeptisch. Zwar schreiben demnach alle Objekte der Düsseldorfer ordentliche Gewinne, und Steingart freut sich: “Wir sind hoch profitabel” – bis auf Meedia, das 2014 mit 500.000 Euro Umsatz tiefrot abschließt. Aber beim Handelsblatt verfängt das Konzept einer “multimedialen Reporterzeitung” nicht so recht: Die “Agenda Freiheit” sollte Reporter von jeder Präsenzpflicht in Düsseldorf befreien und statt dessen z.B. Mode-Journalisten nach Paris schicken und Rohstoff-Experten nach Rotterdam. Allein: “Die Leute machen davon zögerlicher Gebrauch, als ich es mir wünschen würde”, klagt Steingart. Viele Redakteure haben Familie – und wenig Lust auf einen Umzug.

Bei der Wirtschaftswoche spürt der “Wirtschaftsjournalist” eine “gewisse Verunsicherung” über den neuen Kurs von Chefredakteurin Miriam Meckel. Zuletzt forderte die beurlaubte Medienprofessorin aus St. Gallen die Freigabe von Cannabis – “mancher im Haus fragt sich, ob das die Stammleserschaft wirklich interessiert”, notiert der “Wirtschaftsjournalist”. Schlimmer noch: Die Werbekundschaft fürchtet demnach eine “Verwässerung der Positionierung” der “Wiwo”.

Mit Skepsis notiert der “Wirtschaftsjournalist”, dass Steingart plant, online Werbeanzeigen “punktgenau neben Artikel” zu platzieren – nach dem Vorbild von Google. Das Branchenblatt fürchtet, dass künftig “munter positive Anzeigenumfelder kreiert werden” – ähnlich wie bei den gedruckten Anzeigen-Sonderveröffentlichungen, mit denen die “großen Qualitätstitel” schon heute, so der Vorwurf, “Sondermülldeponien des Journalismus” betreiben. Das ganze Projekt sei aber auch, so der “Wirtschaftsjournalist”, “technisch ziemlich tricky”.
“Wirtschaftsjournalist”, 2/2015, S. 8-10 (Paid)