turi2 edition5: Der Social-Media-Sender “Club of Cooks” im Porträt.
12. August 2018
Der Appetit kommt beim Senden: Gruner + Jahr kocht bei YouTube, Facebook und Co nicht sein eigenes Süppchen, sondern lässt Food-Tuber brutzeln und backen. Im Club of Cooks schwingen 30 Influencer den Kochlöffel. Für die turi2 edition5 lässt sich Markus Trantow den Social-Media-Erfolg durch den Magen gehen und porträtiert die Club-Köchin Doris Flury (Foto).
Alle reden über TV-Serien wie “Game of Thrones” oder “House of Cards”? Doris Flury nicht. “Fernsehen interessiert uns nicht mehr. Die spannenden Inhalte sind für uns online”, sagt die Mutter von drei Kindern. Demnächst wollen sie und ihr Mann ihr Heimkino verschenken. Dabei sind die beiden vollauf damit beschäftigt, selbst Bewegtbild zu produzieren. 66.000 Follower bei YouTube, Instagram und Facebook wollen zweimal pro Woche mit neuen Koch-Videos und Rezepten von “Mrs. Flury” versorgt werden. Auf ihrem Blog erreicht die Wahl-Schweizerin noch einmal 70.000 Nutzer pro Monat.
Wenn die 37-Jährige zu Tisch bittet, wird es zwar oft heiß, aber selten fettig. Flury kocht, backt und brät gesund: kein Kristallzucker, kaum tierische Produkte. Sie serviert glutenfreie Waffeln mit Erdnussbutter oder selbstgemachte Süßkartoffel-Pommes. Was nach Küchenmeister Schmalhans klingt, sorgt für ordentlich Buzz. Ein Video auf YouTube hochladen oder ein Foto auf Instagram posten und anschließend das Handy ausschalten? Unmöglich.
Doris Flury ist eine von rund 30 Food-Tubern, die im “Club of Cooks” brutzeln – ein YouTube-Netzwerk nach dem Vorbild von MediaKraft oder Studio71. Hinter dem Social-Media-Sender steckt der Hamburger Verlag Gruner + Jahr. Die Idee zu dem Netzwerk hat Video-Chef Steffen Horstmannshoff Mitte 2015. Er will für zusätzlich Traffic und Vermarktungsmöglichkeiten auf den Food-Websites des Verlags sorgen. Statt aber selbst den Kochlöffel zu schwingen, sollen Food-Tuber Küchen-Clips liefern – die Geburtsidee des “Club of Cooks”.
Drei Monate lang evaluiert Horstmannshoff seine Idee im sogenannten “Greenhouse”, Gruners Gewächshaus für digitale Projekte im Hamburger Schanzenviertel. Er interviewt YouTuber, die als Clubmitglieder infrage kommen, spricht mit den Food-Redaktionen im Verlagshaus und mit möglichen Werbekunden. Am Ende darf der Koch-Club mit Genehmigung der Verlagsführung den Herd anschmeißen. Der “Club of Cooks” lockt YouTuber mit einem höheren Tausender-Kontaktpreis, als YouTube ihn zahlt, und leiert Kooperationen mit Werbepartnern an. Davon hat auch “Mrs. Flury” schon profitiert: Mit dem veganen Blubb-Spinat von Iglo kocht sie im Verlagsauftrag ein Spinat-Linsen-Curry, für Universal Deutschland gibt’s Brownies – die Rezepte laufen wie alle ihre Videos auf ihrem YouTube-Kanal. Die Einnahmen für die Produktplatzierungen teilen sich die Zürcher Hobbyköchin und der Hamburger Verlag.