Video-Tipp: Das Medienmagazin "Zapp" untersucht den Kampf um die Deutungshoheit zur "Geheimplan"-Recherche von Correctiv. CDU-Mann Ulrich Vosgerau wirft Correctiv im Interview vor, der Bericht beruhe nicht auf Tatsachen, sondern ausschließlich aus Meinungsäußerungen. Felix Zimmerman, Chefredakteur des juristischen Online-Magazins Legal Online Tribune, kritisiert Correctiv für die starken Wertungen im Text. Vor allem der Begriff Deportationen, der von Medien und Bürgerinnen aufgegriffen wurde, im Originaltext aber gar nicht vorkommt, bietet Zündstoff.
youtube.com (11-min-Video)
Satz mit X: X-Besitzer Elon Musk streicht die zuvor vollmundig angekündigte Talkshow von Don Lemon (Foto) schon vor der ersten Sendung. Bei der Premieren-Aufzeichnung war Musk selbst zu Gast, mit den Fragen des Ex-CNN-Moderators aber unzufrieden. Er fand die Show "nicht authentisch". Lemon kündigt die Ausstrahlung bei YouTube an.
spiegel.de, twitter.com (Musk), twitter.com (Lemon)
Du kommst hier nicht rein: Der BR wirft der AfD Bayern einen massiven Eingriff in die Pressefreiheit vor. Zuvor hatte die rechte Partei einem AfD-Experten des Senders Hausverbot für alle ihre Veranstaltungen erteilt. Die Fraktionsvorsitzende der AfD Bayern, Katrin Ebner-Steiner, wirft dem Journalisten vor, sie beleidigt zu haben. Der Beschuldigte widerspricht. Thomas Hinrichs, Informationsdirektor des BR, nennt die "rufschädigenden Vorwürfe" "gegenstandslos".
br.de
Schreibblockade: Russische Behörden haben Sergej Sokolow, Chefredakteur der kremlkritischen "Nowaja Gaseta", wegen angeblicher Verunglimpfung der Armee in Moskau festgenommen. Ein Gericht verurteilte den Journalisten zu einer Geldstrafe von 300 Euro. Grund sind Posts auf dem Telegram-Kanal der Zeitung, die angeblich "Anzeichen einer verbalen Diskreditierung der Handlungen" der Armee aufweisen würden.
Sokolow hatte die Chefredaktion 2023 vom Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow übernommen, den die russischen Regierung als ausländischen Agenten einstuft. Muratow war daraufhin von seinem Posten zurückgetreten. Die "Nowaja Gaseta" ist in Russland mittlerweile verboten und wird von ins Ausland geflohenen Redakteuren betrieben. (Foto: picture alliance / Russian Look | Komsomolskaya Pravda)
tagesschau.de, deutschlandfunk.de, turi2.de (Background)
Pressefreiheit: Die dju verurteilt den Versuch der AfD, mit einem Antrag im Brandenburger Landtag die rbb-Berichterstattung über ein Geheimtreffen von Rechten in Potsdam zu unterbinden. In dem mit großer Mehrheit abgelehnten Antrag fordert die AfD-Fraktion, die Rechtsaufsicht müsse "gegen die wahrheitswidrige Berichterstattung des rbb tätig werden". Die dju-Landesvorsitzende Renate Gensch sieht darin einen massiven Angriff auf die Presse- und Rundfunkfreiheit. Das Recherchenetzwerk Correctiv hatte im Januar Details zu einem Treffen einflussreicher AfD-Köpfe mit Geldgebern und Neonazis im November mit dem Ziel der "Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland" aufgedeckt und damit u.a. bundesweit Demonstrationen gegen Rechts ausgelöst.
verdi.de, turi2.de (Background)
Unter Verschluss: Die niederländische Regierung muss RTL Nederland keine sicherheitsbezogenen Infos zu Flug MH17 offenlegen, entscheidet der Europäische Gerichtshof. Hintergrund ist eine Klage des Medienunternehmens auf Herausgabe von Details zum 2014 von prorussischen Separatisten über der Ukraine abgeschossenen Flugzeug mit überwiegend niederländischen Passagieren. Zwar beeinträchtige die Geheimhaltung die Informationsfreiheit, doch die Vertraulichkeit der Daten über Flugsunfälle sei zentral für die Flugsicherung, so die Argumentation der Richter.
medien.epd.de (€), zeit.de
Afrika klickt nicht: Das neue iPhone und der "Barbie"-Kinofilm haben die Online-Berichterstattung in den ersten neun Monaten 2023 dominiert, während Krisenherde in Afrika praktisch vom Radar verschwunden sind, sagt eine Auswertung der NGO Care. Humanitären Katastrophen in zehn afrikanischen Ländern kommen zusammen gerade einmal auf 77.000 Online-Artikel. Der "Barbie"-Film war dagegen Thema in 270.000 Beiträgen, die Biografie von Prinz Harry kommt auf 215.000 Berichte. Die Care-Autoren führen die Schieflage in der Berichterstattung u.a. auf Kostendruck und schwierige Arbeitsbedingungen für Medienschaffende in Krisenstaaten zurück.
tagesschau.de, care.de
Notruf gehört: Die Polizei hat nach mutmaßlich rechtsextremen Einschüchterungsversuchen gegen das Magazin "Katapult" Ermittlungen aufgenommen, berichtet der "Spiegel". Ein als Notruf überschriebener Text von "Katapult"-Gründer Benjamin Friedrich sei zum Anlass genommen worden, eine Anzeige von Amts wegen aufzunehmen. Fredrich berichtet darin u.a. von Eiern auf der Windschutzscheibe seines Privatwagens und Bauarbeitern, die zur Einstellung ihrer Arbeit an einem vermeintlichen Flüchtlingsheim, das in Wirklichkeit eine Lagerhalle ist, genötigt wurden.
spiegel.de, turi2.de (Background)
Reichelt vs Staat: Ex-"Bild"-Chef Julian Reichelt reicht wie angekündigt Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Berliner Kammergerichts ein, das ihm die Behauptung verbietet, die Regierung habe "Entwicklungshilfe an die Taliban" gezahlt. Reichelt sieht sich dadurch in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränkt. Entwicklungsministerin Svenja Schulze hatte in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung gegen einen Reichelt-Tweet über die Verwendung von Entwicklungsgeldern erwirkt, gegen die Anwalt Joachim Steinhöfel nun vorgeht.
faz.net (€), turi2.de (Background)
Rudert nicht zurück: Die Medienpolitikerin Heike Raab verteidigt im Medienausschuss von Rheinland-Pfalz ihre umstrittene Kritik am SWR. "Inhaltlich stehe ich auch heute zu alldem, was ich vorgetragen habe", sie habe vom "Jedermannrecht" Gebrauch gemacht. Die CDU hatte den Rücktritt Raabs gefordert. In einem Schreiben an den SWR hatte Raab Landes-SPD-Chef Roger Lewentz gegen Vorwürfe eines SWR-Redakteurs verteidigt und damit gedroht, das Thema vor den Programmausschuss zu bringen.
faz.net (€), epd.de (€)
Übervorsichtig? Die ARD streicht den preisgekrönten palästinensischen Film "Wajib" aus dem Programm und der "Spiegel"-Autor Arno Frank versteht nicht wieso. Auch unter dem Mikroskop sei der Film "alles andere als ein Aufruf zur Gewalt" und keine "palästinensische Propaganda", so Frank. Die ARD teilt mit, "vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in Nahost" sei der Film aktuell "nicht richtig im Programm platziert, da er aufgrund seiner Erzählperspektive missverstanden werden könnte".
Christian Granderath, der als Leiter der NDR-Abteilung für Fernsehfilm, Spielfilm und Theater den Film mitfinanziert hat, hält die Löschung des Films "auch im Hinblick auf die Freiheit der Kunst für falsch und nicht gerechtfertigt".
spiegel.de (€)
Foto: picture alliance/Amazon
Hör-Tipp: "Sich einschüchtern lassen ist keine Option", sagt Russland-Korrespondentin Ina Ruck im Deutschlandfunk über die Einschüchterungsstrategie des Kreml. Quellen vor die Kamera zu bekommen werde durch staatliche Repressalien immer schwieriger. Die ARD-Studioleiterin in Moskau setzt deshalb verstärkt auf Hintergrundgespräche ohne namentliche Quellen. Die Affäre um den von Russland bezahlten Journalisten Hubert Seipel kommentiert Ruck als "unfassbar".
deutschlandfunk.de (6-min-Audio)
"Der Fall Seipel ist nicht exemplarisch für die Öffentlich-Rechtlichen."
WDR-Intendant Tom Buhrow sieht in der Affäre um Zahlungen aus Russland für den Journalisten Hubert Seipel keinen exemplarischen Fall für das öffentlich-rechtliche System. Buhrow verwies vor dem WDR-Rundfunkrat auf ähnliche Fälle in privaten Medienhäusern, wie zum Biespiel den Relotius-Skandal beim "Spiegel".
deutschlandfunk.de, turi2.de (Background)
Feindbild: Der WDR reagiert mit Sicherheitstrainings und Schulungsangeboten für Mitarbeitende auf "erhebliche Anfeindungen" eigener Reporterinnen bei propalästinensischen Demos in Nordrhein-Westfalen, kündigt Intendant Tom Buhrow bei einer Sitzung des Rundfunkrats an. Kamerateams müssten durch Sicherheitskräfte geschützt werden, weil die Anfeindungen eine völlig neue Qualität hätten.
epd.de (€)
Kein Geheimnis: Der BND muss Journalisten darüber Auskunft geben, mit welchen Medien Behördenvertreterinnen in den vergangenen Jahren die meisten Hintergrundgespräche geführt haben. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat der Klage eines Reporters stattgegeben, der von dem Geheimdienst wissen wollte, welche Medien in den Jahren 2019 und 2020 die meisten Einzeltermine hatten und wie viele vertrauliche Gespräche geführt wurden. Die Behörde lehnte eine Auskunft darüber bisher mit Verweis auf fehlende statistische Auswertungen ab.
spiegel.de,t-online.de
Unlöschbar: Die Staatsfirma Juris hat immer noch nicht alle redaktionellen Texte des wegen mangelnder Staatsferne beendeten Onlinemagazins Libra restlos gelöscht, berichtet die "FAZ". Demnach seien noch rund 110 Artikel über das Archiv auf der Datenbank des unter die Verantwortung von FDP-Justizminister Marco Buschmann fallenden Rechtsdienstleisters abrufbar, darunter auch FDP-gefällige Beiträge. Die Löschung der Inhalte hätte eigentlich bereits im März abgeschlossen sein müssen.
"FAZ", S. 15 (Paid), turi2.de (Background)
Medien unter Druck: Die scheidende MDR-Intendantin Karola Wille hat in ihrer Abschlussrede Besorgnis um die Pressefreiheit in Deutschland geäußert und ein deutlich raueres Medienklima in Deutschland kritisiert. Es sei deutlich schwerer geworden, "die grundlegenden verfassungsrechtlichen Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wach zu halten" und besorgniserregend, dass "Parteien den Rundfunkbeitrag als politisches Wahlkampfthema entdeckt" hätten.
mdr.de (Abschlussrede), welt.de, horizont.net
Radio Dreyeckland: Die Razzia in der Redaktion des Freiburger Senders sowie den Wohnungen zweier Mitarbeitern im Januar war rechtswidrig, entscheidet das Landgericht Karlsruhe. Die Durchsuchung habe mehrere Grundrechte wie die Rundfunkfreiheit verletzt, teilt die Gesellschaft für Freiheitsrechte mit, die zusammen mit Radio Dreyeckland geklagt hatte. Anlass der Razzia war ein Online-Artikel, in dem Redakteur Fabian Kienert auf einen Archiv-Beitrag der verbotenen Internetplattform linksunten.indymedia verlinkt hatte. Ein Strafverfahren gegen Kienert selbst läuft weiter.
netzpolitik.org, freiheitsrechte.org
Diplomatischer Zündstoff: Die Polizei Darmstadt hat am Mittwoch zwei Journalisten der türkischen, Erdogan-nahen Zeitung Sabah zeitweise festgenommen. Ihre Privatwohnungen in Mörfelden-Walldorf wurden durchsucht, dabei wurden Speichermedien und weitere Beweismittel sichergestellt. Inzwischen sind beide Männer wieder auf freiem Fuß. Als Grund für die Razzia nennt Staatsanwaltschaft Darmstadt den Verdacht des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten. "Sabah" hatte im September den Wohnort des im Exil lebenden Investigativjournalisten Cevheri Güven veröffentlicht sowie Bilder von ihm und seinem Wohnhaus gezeigt. Das türkische Außenministerium bestellt als Reaktion auf die Razzia den deutschen Botschafter in Ankara ein und wirft Deutschland vor, die Aktion solle die türkische Presse "einschüchtern und bedrängen". Der DJV fordert von den deutschen Behörden, schnell und umfassend aufzuklären, was genau sie den "Sabah"-Journalisten vorwerfen. "Transparenz ist das einzig wirksame Mittel gegen Erdogans Schimpftiraden", sagt DJV-Chef Frank Überall. (Archivfoto von 2018: Altan Gocher / NurPhoto / Picture Alliance)
fr.de, welt.de, bild.de, djv.de, turi2.de (Background)
Zurecht verlinkt: Die Verlinkung der verbotenen Plattform linksunten.indymedia stellt keine strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung dar, sondern ist Teil der journalistischen Aufgaben, entscheidet das Landgericht Karlsruhe. Eine Anklage der Staatsanwalt gegen einen Redakteur von Radio Dreyeckland lässt das Gericht daher nicht zu. Nach Interpretation der Gesellschaft für Freiheitsrechte war die Durchsuchung von Redaktion und Wohnungen im Januar rechtswidrig. Die Polizei muss angefertigte Kopien der ursprünglich beschlagnahmten Datenträger nun löschen.
netzpolitik.org, golem.de, freiheitsrechte.org, turi2.de (Background)
Anfrage Abgewehrt: Die Bundeswehr muss Presseanfragen dazu, wie die Bundesrepublik verhindern will, im Ukraine-Krieg zur Kriegspartei zu werden, nicht beantworten. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage des freien Journalisten und Friedensaktivisten Hermann Theisen wegen verweigerter Auskünfte zur Ausbildung ukrainischer Soldaten in Rheinland-Pfalz zurückgewiesen. Journalisten hätten lediglich Anspruch auf die Mitteilung von Fakten, so die Begründung.
"epd medien aktuell" vom 16.03.2023 (€)
Abgelehnt: Das Hamburger Landgericht weist eine Klage der Exil-Organisation Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) ab, die per einstweiliger Verfügung gegen mehrerer Abschnitte eines Artikels im "Zeit Magazin" vorgegangen ist. In der Titelgeschichte vom 28. Oktober 2021 berichtete das Magazin über den Verdacht, die Volksmudschahedin hätten in den 90ern Kinder aus Köln als Soldaten in einem Militärcamp im Irak ausgebildet. Der Text darf nun wieder im Original erscheinen.
per Mail, zeit.de (Text)
Maulwurf-Suche: Der Bundestag sucht erneut nach Abgeordneten, die geheime Informationen aus dem Verteidigungsausschuss an die Presse geleakt haben, berichtet The Pioneer. Grund ist ein Bericht im "Spiegel" aus dem Januar, u.a. über Gefallenenzahlen der Ukraine. Bereits im Sommer hatte es Ermittlungen in vier Fällen gegeben.
thepioneer.de (€)
Einblick in den Zensur-Apparat: Ein Datenleck bei der russischen Kommunikationsbehörde Roskomnadsor, kurz RKN, zeichnet ein Bild davon, wie das russische Regime Propaganda im Netz betreibt und nicht linientreue Informationen zensiert. Das Hacker-Kollektiv "Belarusian Cyber-Partisans" hat 1,5 Terabyte Daten erbeutet, die "Süddeutsche Zeitung" und Datenjournalistinnen des russischen Mediums iStories haben sie ausgewertet. Ein Ergebnis dabei: Die russische Zensur kennt keine geografischen Grenzen, auch kritische Posts und Kommentare aus Deutschland versucht RKN mithilfe von KI ausfindig zu machen aus dem Netz zu tilgen. YouTube erweise sich dabei als "besonders unkooperativ". Kritik an Präsident Putin suche eine Software mit Schlüsselwörtern wie "glatzköpfiger Zwerg" oder "Oberster Korruptionsbeauftragter". (Bild: Screenshot "Süddeutsche Zeitung")
sueddeutsche.de (€), t-online.de (Zusammenfassung)
Zahl des Tages: Insgesamt 813 Verstöße gegen die Pressefreiheit zählt der Jahresbericht des Projekts Media Freedom Rapid Response 2022 in Europa, 415 davon in EU-Staaten. Mit 140 gemeldeten Verletzungen der Pressefreiheit entfallen 17,2 % aller Vorfälle auf die Ukraine. In Deutschland gab es dem Bericht nach 87 Verstöße.
faz.net, ecpmf.eu
Radio Dreyeckland legt beim Landgericht Karlsruhe Beschwerde gegen die Durchsuchung der Wohnungen zweiter Mitarbeiter Mitte Januar ein. Notfalls will der linksalternative Sender bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die Staatsanwaltschaft hat beschlagnahmte Computer, Telefone und USB-Sticks zwar zurückgegeben, die Inhalte zu Auswertung jedoch gespiegelt. Geschäftsführer Michael Menzel glaubt, die Auswertung diene "nur noch der Ausforschung und Einschüchterung". Anlass für die Razzia war ein Link auf ein Archiv der verbotenen linken Webseite linksunten.indymedia.org.
taz.de, nd-aktuell.de, turi2.de (Background)
Deutsche Welle bricht die Produktion der in der arabischen Welt populären Talkshow "JaafarTalk" in Bagdad kurzfristig ab. Grund sind "eindeutige Drohungen" von Behörden gegen Moderator Jaafar Abdul Karim und sein Team. So sei Abdul Karim mitgeteilt worden, dass die Regierung keine Garantien für die Sicherheit der DW-Beschäftigten mehr übernehme. Geplant war eine Sendung zu den Themen Jugendarbeitslosigkeit und Frauenrechte. Die DW legt bei der irakischen Botschaft in Berlin Protest gegen den Umgang mit ihren Mitarbeitenden ein.
dw.com
Russland erklärt das unabhängige kremlkritische Online-Magazin Medusa, das von Lettland aus arbeitet, für "unerwünscht". Neben den Betreiberinnen können damit in Russland auch Journalistinnen der Seite strafrechtlich verfolgt werden. Auch das Teilen von Medusa-Inhalten ist nun verboten – selbst wenn dies schon Jahre zurückliegt. Die Redaktion kündigt an, trotz Angst weiterzumachen.
standard.at, faz.net, meduza.io (FAQ zum Verbot), meduza.io (Reaktion)
Spendet Aufklärung: Der niedersächsische Energieversorger Ewe muss der "taz" Auskunft über seine Spenden- und Sponsoring-Aktivitäten seit 2014 geben, urteilt das Landgericht Oldenburg. "taz"-Redakteur Felix Zimmermann hatte geklagt, weil das Unternehmen die Beantwortung eines Fragenkatalogs dazu verweigert hatte. Es sah sich als nicht auskunftspflichtig. Dieser Einschätzung widerspricht das Gericht, Ewe sei eine Behörde im Sinne des Niedersächsischen Pressegesetzes. Zudem bestehe an der Recherche ein öffentliches Interesse. "Mit dem Urteil hat das Gericht auch die Auskunftsrechte von Journalisten gestärkt", schreibt die "taz" in ihrem Hausblog. Unter Ex-Ewe-Vorstandschef Werner Brinker sollen u.a. Spendengelder versickert sein, sein Nachfolger Matthias Brückmann wurde 2022 wegen Untreue zu einer Haftstrafe verurteilt. (Foto: Soeren Stache / dpa / Picture Alliance)
blogs.taz.de
Warnschuss: Die EU-Kommission droht Tiktok mit einem EU-weiten Verbot, teilt EU-Kommissar Thierry Breton am Donnerstag nach einem Gespräch mit TikTok-Chef Shou Zi Chew mit. Breton habe auf das neue EU-Gesetz über digitale Dienste hingewiesen und mit Nachdruck die Einhaltung europäischer Regeln beim Datenschutz und Urheberrecht gefordert. Es sei unakzeptabel, wenn vor allem junge oft minderjährige Nutzer innerhalb weniger Sekunden zwischen lustigen und gefährlichen oder sogar lebensbedrohlichen Inhalten hin und hergeleitet würden. Breton zeigte sich auch besorgt über den Vorwurf, dass Journalisten via TikTok ausspioniert und Nutzerdaten in Drittstaaten übermittelt werden.
"Wir werden nicht zögern, alle möglichen Sanktionen zu beschließen, wenn Prüfungen nicht die volle Einhaltung erkennen lassen", so Bretons ungewohnt deutliche Warnung an den Chef der besonders bei Jugendlichen beliebten Video-App. Die App steht seit längerem in der Kritik, in puncto Datensicherheit und Nutzerschutz zu nachlässig zu sein. TikTok gehört zum chinesischen Konzern Bytedance und steht deshalb auch immer wieder im Verdacht, chinesischen Behörden Zugriff auf die App zu geben.
sueddeutsche.de, apnews.com, twitter.com
Langer Atem: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet in einem seit zehn Jahren andauernden Rechtsstreit zwischen Springer und der früheren Geschäftsführerin der Linksfraktion, Ruth Kampa, dass die Verpflichtung zu einer Gegendarstellung nicht die Meinungsfreiheit verletzt, berichtet epd Medien. Die "Welt" hatte 2013 unter dem Titel Die Stasi-Frau an Gysis Seite über Verbindungen von Kampa zur SED geschrieben und sie mit dem Verschwinden von SED-Parteivermögen in Verbindung gebracht. Ihr Anwalt forderte eine Gegendarstellung, die Springer zunächst verweigerte, auf Anordnung des Landgerichts Berlin aber 2014 doch veröffentlichte. 2018 zog der Verlag vor den EGMR, der nun urteilt, dass im konkreten Fall der Eingriff in die freie Meinungsäußerung des Verlags dem Schutz des Ansehens der Klägerin diene.
"epd Medien", Nr. 12a von 17.01.2023 (€)
Radio-Razzia: Der Staatsschutz hat am Dienstag die Geschäftsräume und Wohnungen von zwei Mitarbeitern des links-alternativen freien Senders Radio Dreyeckland in Freiburg durchsucht. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wirft dem Sender vor, in einem Artikel auf seiner Homepage auf das Archiv von "linksunten.indymedia" verlinkt zu haben. Da die Vereinigung 2017 verboten wurde, bestehe damit der Verdachts "eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot", heißt es in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. Andreas Reimann (Foto), Geschäftsführer von Radio Dreyeckland, berichtet, bei ihm zu Hause seien Geräte und Datenträger sichergestellt worden. In der Redaktion hätten Ermittler Fragen gestellt und Screenshots gemacht. Auch bei Redakteur Fabian Kienert hat morgens die Polizei geklingelt. Er hält das Vorgehen der Ermittler für "unverhältnismäßig". Immerhin sei das Archiv von "linksunten.indymedia" auch durch eine einfache Google-Suche zu finden. Radio Dreyeckland bekam 1988 als erstes freies Radio in Deutschland eine Sendelizenz. (Foto: Philipp von Ditfurth / dpa / Picture Alliance)
swr.de, rdl.de, newsroom.de
Gegenangriff: Der Zeitungsverband BDZV startet gemeinsam mit dem European Centre for Press and Media Freedom in Leipzig das Monitoring "Feindbild Journalist", um Angriffe auf Lokaljournalistinnen zu dokumentieren. Diese seien on- und offline "in dieser Massivität immer noch ein ungewohntes Phänomen", so BDZV-Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert. Die Daten sollen dabei helfen, die Innenministerien und Polizeien der Länder "für die Unterstützung und den Schutz der Mitarbeiter in den Lokalredaktionen zu sensibilisieren". Betroffene Medienschaffende können dafür einen Fragebogen ausfüllen.
presseportal.de
Zahl des Tages: Weltweit 86 Medienschaffende sind 2022 laut Unesco gezielt getötet worden. Von 2019 bis 2021 waren es jeweils 58. Die gefährlichsten Länder für Journalistinnen waren Mexiko, die Ukraine und Haiti. Rund die Hälfte der Getöteten sei zum Zeitpunkt des Angriffs nicht im Dienst gewesen, sondern z.B. auf Reisen, in ihren Wohnungen oder auf öffentlichen Plätzen.
sueddeutsche.de, spiegel.de
Papst-Nachruf: Die Ermittlungen der Berliner Polizei wegen "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" gegen Queer.de "müssen aus formalen Gründen eingestellt werden", twittert Herausgeber Micha Schulze. Grund sei, dass es sich um ein Antragsdelikt handle, "doch alle Antragsberechtigten sind tot". Schulze spricht bei Twitter von einem "Skandal" und einem fahrlässigen Angriff auf die Pressefreiheit. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin sei die Akte zu dem Fall jedoch noch nicht eingegangen, sagt ein Pressesprecher dem "Tagesspiegel". Queer.de hatte den an Silvester verstorbenen Papst Benedikt XVI. als "queerfeindlichen Hetzer" bezeichnet.
tagesspiegel.de, twitter.com, turi2.de (Background)
"Die größte Unsicherheit für Journalist*innen sind unqualifizierte Sicherheitsmitarbeiter von RWE und heiß gemachte Polizeieinheiten, die nach ein, zwei Tagen vor Ort den Frust rauslassen."
DJU-Gewerkschafter Jörg Reichel beklagt im "taz"-Interview die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende bei der Räumung von Lützerath. Pressemitteilungen der Polizei hält er für nicht vertrauenswürdig.
taz.de, turi2.de (Background)
Frei, again: Die niederländische Medienaufsicht stattet den kremlkritischen russischen Exil-Sender Doschd mit einer europäischen Sendelizenz aus. So kann das Programm ins Kabelfernsehen zurückkehren. Lettland hatte dem Sender im Dezember die Lizenz entzogen, was u.a. der DJV kritisierte. Anfang März hatte Doschd den Sendebetrieb in Russland einstellen müssen – wegen angeblicher Fake-News über den Ukraine-Krieg.
standard.at, turi2.de (Background)
Iran reagiert auf Karikaturen in der "Charlie Hebdo"-Sonderausgabe zum 8. Jahrestag des Attentats auf die Redaktion. Sie zeigen den obersten geistlichen Führer des Landes, Ali Chamenei. Das Französische Institut für Forschung im Iran soll laut iranischem Außenministerium geschlossen werden. Auch werde der französische Botschafter einbestellt. In den Zeichnungen sieht die Regierung in Teheran eine "Beleidigung der Symbole der Souveränität und nationalen Werte".
tagesschau.de, faz.net, charliehebdo.fr (Sonderausgabe)
Zahl des Tages: Traurige 66 Medienschaffende, davon acht Frauen, sind 2022 weltweit wegen oder bei ihrer Arbeit ums Leben gekommen, zählt das Internationale Presse-Institut in Wien. 2021 lag die Opferzahl noch bei 45. Der Auswertung zufolge ist Mexiko mit 14 Todesfällen das gefährlichste Land für Journalistinnen, gefolgt von Haiti und der Ukraine mit je 8 Toten. Viele Fälle blieben unaufgeklärt, kritisiert das Institut.
zeit.de, ipi.media, turi2.de (Background)
Eigener Geheimdienst? Der Elektro-Autobauer Tesla sucht für seine Gigafactory im brandenburgischen Grünheide einen Security Intelligence Investigator - offiziell u.a. zum Schutz geistigen Eigentums. Die "Märkische Oderzeitung" vermutet hinter der Ausschreibung die Suche nach einer Fachkraft, die Whistleblower aus der eigenen Belegschaft identifizieren und so das Durchstechen interner Infos an Journalisten vermeiden sollen. Der E-Autobauer ist bekannt für seine rigide Informationspolitik und ein entschlossenes Vorgehen gegen kritische Medienberichterstattung.
sueddeutsche.de, moz.de (€)
"In vielen Ländern sind zwar unsere eigenen Plattformen gesperrt, wir erreichen die Menschen aber oft weiterhin über die sozialen Medien. Zum Beispiel die Menschen in Iran über Instagram."
Nadja Scholz, neue Programmdirektorin der Deutschen Welle, erklärt im Interview mit turi2, dass die Reichweite des deutschen Auslandssenders im Iran bei Instagram 2022 um mehr als 400 % gestiegen ist.
turi2.de
David gegen Goliath: Eine Klage der Schweizer Bank Credit Suisse gegen das Finanzblog "Inside Paradeplatz" von Journalist Lukas Hässig (Foto) sorgt für internationales Aufsehen. U.a. die "Financial Times" berichtet über den Fall, bei dem die Bank die Löschung 52 unliebsamer Artikel samt Leserkommentaren und rund 300.000 Euro aus den Gewinnen des Finanz-Portals einklagt. "Inside Paradeplatz" gilt als Enthüllungsplattform für den Schweizer Finanzplatz und ist bekannt für angriffslustige Berichterstattung. Auch Verleger Michael Ringier und Ringier-CEO Marc Walder klagen gegen die Finanz-Plattform.
watson.ch, kress.de, ft.com (€)
"Wir berichten zum Beispiel über gesellschaftliche Tabus, über Korruption oder Umweltkriminalität in unseren Zielländern. Das können Journalistinnen und Journalisten nationaler Medien vielfach gar nicht, ohne sich in Gefahr zu bringen."
Nadja Scholz, neue Programmdirektorin der Deutschen Welle, berichtet im turi2-Interview, dass DW-Medienschaffende ihre Arbeit in einigen Ländern nur unter Pseudonym veröffentlichen können, weil sie staatliche Repressionen für sich oder ihre Familien befürchten müssen.
turi2.de
Probleme und Lösungen: Das Interesse daran, wie Deutschland mit Krieg, Klimakrise und wachsendem Populismus umgeht, ist im Ausland sehr groß, sagt Nadja Scholz. Die neue Programmdirektorin der Deutschen Welle zieht im Interview mit turi2 Chefredakteur Markus Trantow Jahresbilanz. Sie erklärt, dass es die Medienschaffenden des deutschen Auslandssenders vor allem in China, Russland, der Türkei und im Iran in diesem Jahr besonders schwer hatten. Scholz sagt auch, dass der Sender nicht nur Probleme benennt, sondern auch Lösungsansätze liefert, um den Menschen zu zeigen, dass “wir sie nicht mit den Problemen der Welt alleine lassen”. Und sie erklärt, warum TikTok, Instagram und andere soziale Medien für die Arbeit der DW wichtig sind.
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Presse-Unfreiheit: Weltweit sitzen so viele Medienschaffende im Gefängnis wie noch nie, melden Reporter ohne Grenzen. Die Zahl steigt 2022 um 63 auf 533, 78 von ihnen sind Frauen. Mehr als die Hälfte der Betroffenen sitzt in China, Myanmar, Iran, Vietnam oder Belarus ein. 57 Journalisten und Reporterinnen kamen im Kontext ihrer Arbeit ums Leben, 8 von ihnen in der Ukraine. Das gefährlichste Land bleibt Mexiko.
sueddeutsche.de, derstandard.at
Steilvorlage für den Kreml: Der russische Oppositionssender Doschd darf in Lettland nicht mehr senden. Grund für den Entzug der Sendelizenz sind Verstöße gegen das lettische Medienrecht. Der Sender hatte auf einer Karte die Krim als Teil Russlands gezeigt und einen Aufruf zur Unterstützung russischer Soldaten ausgestrahlt. Chefredakteur Tichon Dsjadko entschuldigte sich daraufhin und entließ den zuständigen Mitarbeiter. Doschd musste im März den Sendebetrieb in Russland einstellen und sendet seit einigen Monaten aus Lettland.
tagesschau.de, turi2.de (Background)
No-Protest-Politik: Die chinesische Zensurbehörde weist Tech-Konzerne wie Huawei, TikTok und WeChat an, noch drastischer gegen unliebsame und regierungskritische Inhalte im Netz vorzugehen, berichtet das "Wall Street Journal". Die neuen Richtlinien hätten zum Ziel, die Proteste gegen die umstrittene No-Covid-Politik aus dem Internet zu tilgen. Auch sogenannte VPNs und Suchmaschinen seien massiv eingeschränkt. Huawei greift angeblich besonders stark durch und löscht offenbar automatisiert Protestvideos auf Huawei-Smartphones.
bild.de, wsj.com (€)
Deutsche Welle: Das iranische Regime erhöht den Druck auf Mitarbeitende der Farsi-Redaktion des deutschen Auslandssenders, teilt der Rundfunkrat mit. Iranische Behörden drohten, gegen in Iran lebende Familienangehörige vorzugehen, sollte die kritische Berichterstattung andauern. Der DJV fordert Außenministerin Annalena Baerbock auf, den iranischen Botschafter einzubestellen.
taz.de, djv.de, corporate.dw.com
China hat den BBC-Reporter Edward Lawrence festgenommen und misshandelt – inzwischen ist der Journalist wieder frei. Er war nach eigenen Angaben am Rande der Corona-Proteste für mehrere Stunden festgenommen, getreten und geschlagen worden. Die Behörden behaupten, die Maßnahmen seinen zu Lawrence Schutz vor den Protestierenden erfolgt.
zeit.de
Free Hate Speech? Der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun macht ein Schreiben publik, in dem Twitter behauptet, beim Löschen von Hassposts und Fake-News eine Art Freifahrtschein vom Bundesjustizministerium zu haben. Das Ministerium bestreitet eine solche Absprache. Vielmehr gebe es "eine sogenannte Stillhaltezusage, die das zuständige Bundesjustizministerium gegenüber dem Verwaltungsgericht Köln getätigt habe". Dort klagt Twitter gegen Teile des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes – u.a. gegen die Meldepflicht für illegale Inhalte beim Bundeskriminalamt. Solange diese Entscheidung aussteht, genießt Twitter offenbar eine Art Narrenfreiheit.
Chan-jo Jun vertritt vor dem Landgericht Frankfurt am Main den baden-württembergische Antisemitismusbeauftragten Michael Blume. Der wirft Twitter die Verletzung der eigenen Löschpflichten vor und verlangt, dass die Plattform nicht nur bestimmte Verleumdungen gegen ihn umgehend und dauerhaft löscht, sondern auch ähnliche Hasskommentare erkennt und proaktiv löscht. Elon Musk will eher den umgekehrten Weg gehen und die Sperrung blockierter Twitter-Accounts aufheben.
rnd.de, spiegel.de, handelsblatt.com (Generalamnestie gesperrter Konten)