Paul-Bernhard Kallen sieht Burda trotz Corona auf gutem Kurs und fordert eine europäische Digital-Infrastruktur.


Auf Kurs: Burda ist an der Corona-Krise offenbar nur mit einer Delle vorbeigeschrammt. "Wir haben im ersten Halbjahr mehr oder weniger den gleichen Umsatz gemacht wie 2019. Es gab also keinen Einbruch", sagt Burda-Vorstandschef Paul-Bernhard Kallen im "Handelsblatt"-Interview. Das geplante Wachstum von 4,5 % sei jedoch ausgeblieben. "Wachstum und Aufräumen" standen bei Burda schon vor Ausbruch der Corona-Krise im Vordergrund, sagt Kallen, daher sei der Verlag "mit einem gewissen Kostenvorteil ins Jahr gestartet", der "manches abgefedert" habe. Das klassische Anzeigengeschäft sei rückläufig, aber "nach wie vor lukrativ", mache mit 3 bis 4 % jedoch "einen sehr geringen Anteil am Konzern­umsatz" aus. Das Tourismus- und Eventgeschäft dagegen ist auch bei Burda komplett weggebrochen. Kallen glaubt jedoch, dass Reisen "ein Grundbedürfnis der Menschen" ist und will mit Holidaycheck künftig mehr eigene Reisepakete verkaufen. Im Event-Geschäft gehe ohne physische Treffen "ein Teil von dem verloren, was so einen Event ausmacht". Webinare könnten zwar "die bestehende Community am Leben erhalten", aber nur schwerlich eine neue aufbauen.

Im Interview spricht sich Kallen auch für eine eigene digitale Infrastruktur in Europa aus. "Wir müssen den bestehenden Playern Vorschriften machen, wie unsere Infrastruktur auszusehen hat. Diese Vorschriften müssen Europas Werte widerspiegeln, Werte wie Datenschutz, Datensicherheit, Datenintegrität." EU-Wettbewerbs­kommissarin Margrethe Vestager habe zwar "eine ganze Reihe mutiger Entscheidungen getroffen", an den Spielregeln habe sie aber nichts verändern können. "Wir beschützen die Bürger in Deutschland sehr effizient vor deutschen Unternehmen, aber null vor außereuropäischen Unternehmen. Das ist ein Akt der Selbstgeißelung, der mir nicht einleuchtet", sagt Kallen.

Zu seiner eignen Zukunft bei Burda sagt Kallen, 63, es gebe "eine klare Regelung", was passiert, "wenn mir ein Ziegelstein auf den Kopf fällt". Einmal im Jahr überdenke er, welche Vorkehrungen für den "Ziegelsteinfall" notwendig sind. Kallen verspricht: "Ich werde nicht fahnenflüchtig und gründe mein nächstes Digitalunternehmen. Obwohl die Versuchung groß ist." (Foto: Imago Images)
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