Blattkritik: Anne Meyer-Minnemann, Chefredakteurin “Gala”, über “Donna”.

blattkritik-Gala-Donna-600Anne Meyer-Minnemann, Chefredakteurin der Gala, fasst Donna mit Samthandschuhen an. Nach der Lektüre von Burdas “freundin” für Best-Ager fühlt sie sich “plötzlich sehr jung”.

“Donna”! Der klangvolle Titel des Frauenmagazins verspricht: Hier geht es nicht um Mädchen, sondern um richtige Frauen. Ich denke an Sophia Loren und Monica Bellucci, an Frauen mit Grandezza, die immer eine Bella Figura machen. Das tut auch das Best Ager Model auf dem Titel. “Meine Zeit ist jetzt!” lautet der Claim der Zeitschrift, der neben der Frau in einem kleinen Störer leuchtet. Dazu gibt es eine klare Angabe, für welche Zielgruppe das Heft gemacht ist: “Besser Sehen 40+” verspricht das Juni-Heft. Die April-Ausgabe widmete sich der “Gesichtspflege 40+”. Wer noch nicht an Altersweitsicht leidet und knitterfreie Gesichtshaut hat, möge sich bitte ein anderes Printprodukt kaufen. Ich fühle mich hingegen angesprochen und beginne zu lesen.

Für Misanthropen ist die Donna nichts. Gute Laune wird einem hier regelrecht verordnet. “Positiv, optimistisch, ermutigend, das ist die Grundhaltung von Donna”, schreibt Chefredakteurin Katja Hertin im Editorial. Und so liegt der Schwerpunkt auch auf Feel-Good-Geschichten: “Wir glauben an die Liebe!” bekennen vier busselnde Ü-50-Paare; die Modestrecke ist betitelt mit “Wir glauben an Print” (das macht besonders gute Laune), und Medizinredakteurin Carolin Binder rät mir: “Lassen Sie sich die Lust am Essen nicht verderben!”. Dazu gibt es interessante Reportagen über eine Gehirnforscherin sowie über eine Hebamme, die in Flüchtlingsheimen arbeitet, viele Kulturtipps und eine echte Überraschung für jemanden wie mich, der glaubt, schon jeden Trend zu kennen: einen Artikel über Zentangle. Das ist zur Kunstform erhobene Telefon-Kritzelei, die als Entspannungstechnik du jour gilt und für die es offenbar sogar Workshops gibt.

Blattkritik-Donna-Screenshot Mai 2015

Mit der “Donna” verhält es sich ein wenig wie mit diesen Tests auf Facebook, die einen auffordern, sein mentales Alter herauszufinden. Dort beantwortet man eine Reihe von Fragen (“Gehen Sie gerne aus oder bleiben Sie lieber gemütlich zuhause?”), um dann mit dem Ergebnis belohnt zu werden: “Ihr mentales Alter liegt bei 20-30”! Das macht ebenso gute Laune, wie die Erkenntnis, dass viele Themen in “Donna” noch nicht meine Lebenswelt betreffen, obgleich ich die 40 bereits eine Weile überschritten habe. So etwa die Papa-Ante-Portas-Geschichte “Mein Mann ist jetzt zuhause, und treibt mich in den Wahnsinn!”, Frisurentipps für graue Haare, Fasziengymnastik gegen Alterssteifheit und natürlich das Thema Brustkrebs. Ich fühle mich plötzlich sehr jung.

Die Herausforderung bei einer Zeitschrift wie der “Donna” oder auch der “Brigitte Woman” ist ja, dass Frauen, die mitten im Leben stehen, zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten vom Alter links überholt werden. Zwischen 40 und 60 ist von Karrierezenit bis Vorruhestand, von körperlicher Fitness bis zum Zipperlein alles dabei. Das führt zu einer sehr heterogenen Zielgruppe, die sich ihre Rosinen aus dem Kuchen picken muss. Zum Glück ist der “Donna”-Kuchen reichhaltig, so das für jeden etwas zu finden ist. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Älter werden ist eigentlich großer Mist, aber wir lassen uns davon nicht die Laune verderben.

Im Reigen der Blattkritiken erschienen bisher folgende Beiträge:
– Katja Hertin am 24.5.2015 über “Séparée”.
– Janina Gatzky und Ute Gliwa am 17.5.2015 über den “Playboy”
Florian Boitin am 10.5.2015 über “Clap”
Peter Böhling am 2.5.2015 über “Cicero”
Christoph Schwennicke am 26.4.2015 über “Kontext”.
– Josef-Otto Freudenreich am 19.4.2015 über die “B.Z.”.
– Peter Huth am 11.4.2015 über “Geo Wissen Gesundheit”.
Michael Schaper am 4.4.2015 über die deutsche “People”

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