Lese-Tipp: “Playboy Special Edition – Die 100 schönsten Centerfolds”.

Playboy Edition Miss September 1966Der “Playboy” will 6,90 Euro für 100 Nackte auf Papier? Verrückt!? Peter Turi bekennt tapfer, dass die 110 Seiten etwas in ihm geweckt haben – nostalgische Gefühle. (Foto: Dianne Chandler/Playboy 9/1966)

Warum kauft Mann den Playboy? Ganz klar, wegen der Reportagen, Interviews und Kurzgeschichten. Die finden selbst Frauen zum Teil richtig gut. Doch jetzt wollen Burda und “Playboy”-Chefredakteur Florian Boitin 6,90 Euro für einen “Playboy” ganz ohne Interviews. Kann das klappen? Die Playboy Special Edition – Die 100 schönsten Centerfolds zeigt fürs Geld 100 unvollständig bekleideten Erdenbürgerinnen aus über 60 Jahren – von Marilyn Monroe über Bettie Page und Anna Nicole Smith bis Sissi Fahrenschon.

Lohnt sich die Investition? Sind die Einblicke in die weibliche Anatomie im Internet nicht kostenlos und tiefer gehend? Also mir beschert dieses Bündel an bedrucktem Papier nostalgische Gefühle an die späten 60er Jahre. Als der kleine Peter, noch nicht ganz 10, im Partykeller des Reihenhauses über der Carrerabahn erste Einblicke in die weibliche Anatomie gewann. Denn dort, zwischen Alufelgen hatte der Vater sorgfältig drei oder vier Centerfolds aus dem US-“Playboy” (der deutsche war noch nicht erfunden) auf Styropor gezogen.

Playboy Edition Miss Januar 1967Den Ausblick gab’s also kostenlos dazu, wenn der Sohn die Carrera-Autos über die beachtliche Bahn flitzen ließ. In meiner Erinnerung waren die Frauen wie Diane Chandler, die Miss September 1966: Unschuldig, natürlich, im Intimsten geschützt durch einen hochgestellten Oberschenkel oder die Perspektive. Klar, den Bauch haben sie damals schon eingezogen (aber sie hatten wenigstens noch einen) und die Lippen geschürzt – aber ansonsten waren sie doch, wie soll ich sagen, wie Gott sie schuf. Inklusive Bikinistreifen.

Heute präsentieren sich die Playmates ja eher wie Gott, Braun, Workouts und der Facharzt für Plastische Chirurgie sie schufen. Die chronologisch geordneten Centerfolds zeigen, wie die Zeitläufte Scham & Haar den Garaus machten. Anfang der 70er fielen die Oberschenkel, Stoffreste und sogar Goldfischgläser, die bis dahin den Blick auf das Delta der Venus verwehrt hatten. Dann begann für zwei Jahrzehnte die Ära Busch, bis Anfang der 90er der Landestreifen Mode wurde. Der wurde solange immer schmaler, bis er 2005 durch die Erkenntnis ersetzt wurde, dass Resthaar am weiblichen Körper bestenfalls als Retro-Look durchgeht.

Wer also an einer Kulturgeschichte der weiblichen Nacktheit in 100 Bildern interessiert ist, für den sind die 6,90 Euro keine Fehlinvestition.
“Playboy Special Edition – Die 100 schönsten Centerfolds” (Paid), wuv.de