interview2 – die Anleitung.

Kurzinterview (Video) zur Person oder zur Sache

– Wir fragen kurz und lebendig.

– Die halbe Miete ist eine gute Einstiegsfrage, die den Interviewten kurz vorstellt, das Gespräch verortet und gleich auf die richtige Spur bringt.

– Mögliche Nachfragen haben wir im Kopf oder auf dem Zettel in der Hosentasche.

– Das Gespräch ist kurz und lebendig, es geht munter hin und her.

– Der Interviewte wird unmittelbar vor dem Gespräch gebrieft, kurz und knackig zu antworten und das Interview dialogisch zu führen – und dem Interviewer in die Augen zu schauen.

– Möglichst nicht nur aktuell fragen, gern auch Grundsätzliches/die Haltung abfragen. Merke: Das Video wird noch nach Jahren via Google gefunden, Tagesaktuelles ist dann durch.

– Im Idealfall erfahre ich, wie der Interviewte tickt – und nicht nur, was er grade sagen will und muss.

Das große Interview zur Person (Video, Podcast oder turi2 edition)

Es wird turi2-like, wenn wir folgendes beachten:

– Wir müssen verhindern, dass die Üblichen das Übliche sagen! Spannende Leute müssen Ungewöhnliches, Un-erhörtes, noch nie Gesagtes sagen.

– Der Interviewte soll cooler, tiefgründiger, spannender rüberkommen als er sich selbst präsentieren könnte. Dabei helfen wir ihm mit Fragen, die persönlich, frech, provokant, intelligent, tiefschürfend, ungewöhnlich sind.

– Wir wollen nicht wissen, was der Interviewte zu den Fachthemen sagt, wir wollen wissen, wie er tickt: Was treibt ihn an? Was hat ihn biografisch geprägt? Wie sieht er sich selbst? Aber auch: Wie präsentiert er sich? Wie pariert er freche Fragen und sanfte Provokationen?

– Mindestens 50 % der Fragen und des Textes müssen deshalb zur Person oder zur persönlichen Einstellung zum Thema/zum Leben gehen. Und diese 50 % müssen prominent am Anfang und am Ende des Textes stehen. Und geht bitte davon aus, dass der Interviewte versucht, die persönlichen Fragen schnell abzuhandeln und die Fachfragen ausführlich beantwortet. Ihr werdet beim Redigieren und Nachfassen den Fachteil raffen, kürzen, streichen müssen. Beim Persönlichen solltet Ihr nachfragen, tiefbohren, an Grenzen gehen, den Interviewten auf die Extrameile schicken! Aber bitte nur so weit, wie er mitgeht. Mancher Interviewte geht weiter mit (das sind die besseren Interviews), mancher macht früher zu. Das akzeptieren wir dann, aber wir testen die Grenze aus.

– Mindestens 25 % der Fragen sollte er noch nie gefragt worden sein – weil die Fragen so persönlich, so phantasievoll, so intelligent, so abseitig, so provokant sind. Wenn der Interviewte zwischendrin mal scherzhaft stöhnt “Na, Ihr stellt Fragen!”, dann lagen wir richtig.

– Am Ende sollten drei, vier oder mehr Zitate oder Passagen stehen, die ganz anders sind, als das, was man von der Person erwartet. Genau die nehmen wir für Überschrift, Zitate-Kasten, Eigen-Werbung. Denn nur die machen neugierig.

– Die Einstiegs- und mindestens die Ausstiegsfragen müssen zu den großen persönlichen Themen gehen: Leben, Liebe, Tod, Leidenschaft, Eitelkeit, Stolz, Phantasie, Was-wäre-wenn, etc! Genau darüber müsst Ihr Euch die meisten Gedanken machen. Der Fachteil fließt meist von alleine. Da hat jeder Interviewte Sachen, die er loswerden will – und loswerden wird.

– Je einfacher (gern verblüffend einfach), diese persönlichen Fragen sind, umso besser. Denkt daran: Nur Fragen, die Kinder stellen, sind in diesem Sinn, wirklich wichtige Fragen!

– Nur notfalls Fragen wie “Sie haben dann und dann das und das gesagt”. Möglichst wenige Fragen und wenn dann spät im Verlauf des Interviews, die ein tiefes Fachwissen voraussetzen. Fachliche Vertiefungen eher durch Nachfragen auf Antworten des Interviewten. Wenn es abstrakt wird bitte unterbrechen mit: “Sagen Sie doch mal ein konkretes Beispiel!”. Oder wir provozieren mit einer bewussten Über- oder Falsch-Interpretation seiner Aussagen: “Sie empfinden klassische Werbespots generell als Zumutung?” Damit bringt man den Interviewten etwas aus dem Konzept und er antwortet emotionaler.

– Möglichst einfach und offen fragen. Führt das Interview bitte immer so, dass Euer Schwiegervater, Eure Schwester und Euer Zahnarzt sagen: Das war ja interessant! Merke: Wir schreiben nicht für Fachleute und Brancheninsider! Sondern für Vorstandschefs (Generalisten!), Zahnärzte und Schwiegermütter!

– Die persönlichen Fragen zum Ein- und Ausstieg sollten originell, überraschend, tabubrechend sein. Also nicht nur “Was treibt Sie an?”, sondern auch “Was ist Ihre größte Schwäche?”, “Was soll auf Ihrem Grabstein stehen?”, “Was würden Sie anders machen, wenn Sie Ihr Leben nochmal leben könnten”, “Und was würden Sie ganz genauso nochmal machen?” oder “Haben Sie Angst vor dem Tod/vor Krankheit/Siechtum”?

– Diese originellen, persönlichen Fragen sollten zum Großteil neu sein und am besten zum Beruf und zum Thema des Buches passen. Deshalb bitte Eure Fragen vorher rumschicken, damit wir alle helfen können, verblüffend einfache und spannende Fragen finden. Ich bin darin schon ganz gut trainiert.

– Eine große Bitte: Dranbleiben bei den zentralen Fragen, zum Beispiel beim Einstieg oder am Ende, gern ein-, zwei oder dreimal nachfragen. Die Frage stellen. Die Frage nochmal anders stellen. Ein Beispiel bringen. Eine Antwort aufgreifen. Hier merken der Leser und der Interviewte: “Hoppla, jetzt wird’s spannend. Die fragen ja hartnäckig.”

– Das Interview soll für den Interviewten und den Leser eine intellektuelle Herausforderung sein. Der Leser soll Spaß am verbalen Schlagabtausch haben.

– Der Interviewte soll im Fachteil aus dem Nähkästchen plaudern. Dazu muss man nachfragen, dranbleiben, tiefer bohren, konkrete Beispiele einfordern. Ein Thema haben, über das der Interviewte mehr erzählen kann als die meisten anderen.

– Beim Print-Interview können wir viel mehr gestalten und beim schriftlichen Nachfassen per Mail den Intervieweten auf die Extrameile schicken. Beim mehrmaligen Hin und Her sieht und fühlt man recht gut, auf welche Provokationen und Tieferbohrungen der Interviewte sich noch einlässt.

– Wir drucken bei trimedialer Produktion NICHT einfach das Audio/Video ab. Das Audio/Video zeigt authentisch die spontane Schlagfertigkeit des Interviewten, das Print-Interview geht durch Nachfassen und große Bedenkzeit tiefer. Hier kann der Gast klüger und tiefgründiger aussehen als im Live-Interview. Immer Passagen für Print vertiefen und ausbauen, diese dann möglichst im Audio/Video weglassen.

– Auch im Audio/Video helfen wir dem Interviewten, gut, tiefgründig und klug rüberzukommen. Wir schicken ihm die Themen, auch die persönlichen, ungewöhnlichen Fragen vorher zu, damit er sich eindenken kann. Niemand wird spontan sagen können, was auf seinem Grabstein stehen soll oder wer ihn in einem Film verkörpern sollte. Die Antworten werden sicher besser, wenn die Interviewten Bedenkzeit haben. Natürlich muss der Interviewte nicht alle Fragen vorab kennen – wir können weitere Fragen in petto halten. Meist kommen die spontan noch auf der Anreise oder im Gespräch dazu.

– Wichtig: Bei der Niederschrift können wir Antworten des Interviewten verbessern, verdichten, lebendiger machen, also redaktionell bearbeiten. Das ist nur verboten, wenn die Passage auch als Video/Podcast erscheint – sonst fliegt die Hilfe ja auf. Kein Gesprächspartner beschwert sich, wenn wir bei der Niederschrift seine Formulierung besser machen oder auf den Punkt bringen. Haben wir zu sehr ver- oder erdichtet, kann der Interviewte ja immer noch streichen oder abändern. Es ist übrigens immer wieder erstaunlich, wie gern Interviewte auf den Punkt gebrachten oder verbesserten Antworten durchwinken. Vermutlich merken sie es nicht mal und denken: “Was war ich wieder gut”.

– Grundsätzlich trauen wir uns Einordnungen, formulieren Positionen zur Bedeutung der Person. Wir sagen zu Nicola Leske von SAP in der Einstiegsfrage: Sie sind zum Thema Erfolg doppelt spannend: Einerseits als Role Model für weiblichen Erfolg, andererseits … SAP. Es ist sogar unsere Pflichte, dem Leser die Bedeutung der Person klarzumachen. Wir dürfen also einiges an Hirnschmalz darauf verwenden, wie wir ihn/sie vorstellen.

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