“Sachlichkeit und Fakten-Basiertheit sind der einzige Weg” – Christian Maertin über die Kunst der Kommunikation.


Kommunikations-Papst: "Wer auf Polemik mit Polemik antwortet, wird nie weiter­kommen", sagt Christian Maertin im turi2 Clubraum. Der Leiter der Unternehmens­kommunikation beim Chemie- und Pharma­riesen Bayer hat sich daran gewöhnt, dass sein Unternehmen oft kritisiert wird: "Manchmal sachlich und zurecht, in vielen Fällen extrem polemisch und unsachlich." Im Live-Podcast mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow spricht Maertin über eine "Dialog-orientierte" Strategie, damit umzugehen. Da "nichts tun" keine Option sei, "kannst du nur mit Sachlichkeit reagieren und dem anderen den Spiegel vorhalten". Gerade in "sehr polarisierten Zeiten", wie wir sie gerade erleben, "sind Sachlichkeit, Fakten-Basiertheit und Ent­emotionalisierung in der Kommunikation der einzige Weg". In manchen Fällen müsse Maertin aber auch "die rote Linie aufzeigen" und sagen: "Bis hierhin und nicht weiter."

Als Kommunikator ist es eine der größten Heraus­forderungen, in einer "sehr komplexen Welt" einfache Botschaften zu finden, sagt der ehemalige Journalist. Die "große Kunst der Kommunikation" sei es, Menschen mitzunehmen und ihnen "das Gefühl zu geben, dass sie ernst­genommen werden". Was ihn dabei "total umtreibt", sei eine Diskussions-Kultur, die nicht durch "inhaltliche, sachliche Argumente", sondern "rhetorische Kapriolen, Framing und Derailing" geprägt sei, um "irgendwie Debatten zu gewinnen, obwohl man keine guten Argumente hat". Bei Twitter etwa beobachte er, dass viele Menschen "nicht antizipieren" können, wie ihr Tweet beim Publikum ankommt.

"Gruselig" findet Maertin zudem, dass Medien­schaffende häufig auf PR reinfallen oder Botschaften übernehmen. Politik­journalistinnen etwa nutzen in "ganz sachlichen Artikeln" Begriffe wie Acker- oder Bienen­gift: "Man könnte auch schreiben Pflanzen­schutzmittel", meint Maertin. Gerade wenn die absendenden Gruppen zu den "vermeintlich Guten" gehören, also NGOs, Umwelt­schützer oder Aktivisten sind, "kommen die damit relativ leicht durch".

Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Das Trio spricht in dieser Woche u.a. über Patricia Schlesinger und arbeitet den Fall aus Kommunikationssicht auf. "Unter diesen Rahmenbedingungen kannst du unmöglich gute und professionelle Krisenkommunikation machen", meint Maertin. Denn da gehöre vor allem Transparenz dazu. Momentan liefere den "größten Beitrag" zur Aufklärung nicht die RBB-Pressestelle, sondern die Redaktion des Senders.

Nächste Woche ist zum Auftakt der turi2 Podcast-Wochen Podcaster Richard Hemmer zu Gast.
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