Claus Kleber ist besorgt über Ideologie im Journalismus.


Letzte Runde: ZDF-Anchorman Claus Kleber moderiert am Donnerstag nach fast 3.000 Sendungen zum letzten Mal das "heute journal". In großen Abschieds­interviews in der "Zeit" und im "Spiegel" geht Kleber mit dem Journalismus und auch der eigenen Arbeit kritisch ins Gericht. Im "Zeit"-Gespräch mit Cordt Schnibben sorgt sich Kleber um zu viel Ideologie in Teilen des Journalismus: Bei manchen Moderatorinnen, "insbesondere im Hörfunk", missfalle ihm, "mit welcher Selbst­verständlich­keit da Urteile abgegeben werden, von Leuten, die sich erkennbar mit der Sache nie vertieft beschäftigt haben". Ideologie "vergiftet den Journalismus" sagt Kleber und sieht seine Rolle in Interviews darin, "immer die Gegen­position zum Gesprächs­partner" zu beziehen. Mehrfach sei ihm jedoch passiert, "dass ausgerechnet die Interviews, in denen ich privat mit den Interviewten einig war, Frontal­zusammen­stöße wurden". Die Corona-Krise mache es für Medienschaffende kompliziert, "weil es unseren journalistischen Instinkten widerspricht, mit der Regierung in Grund­fragen einig zu sein".

Im "Spiegel"-Interview von Anton Rainer und Marc Hujer spricht Kleber über die Gefahr von "False Balance", also falsche Ausgewogenheit von Minder­heiten­meinungen. "Genauso gefährlich" sei es jedoch, "wenn man, um der Balance aus dem Wege zu gehen, gewisse Interpretationen von Fakten nicht mehr zulässt". Virologe Hendrik Streeck sei "kein Verschwörungs­­theoretiker, er hält die Erde nicht für flach und Elvis nicht für lebendig". Daher sollte man auch ihn nach Klebers Meinung zu Corona-Maßnahmen fragen, auch wenn "ihm Christian Drosten beim Verstehen der Viren vermutlich turmhoch überlegen ist". Kleber will dabei "weder der Schiedsrichter noch der Ober­virologe" sein.
zeit.de (Paid), presseportal.de (Vorabmeldung "Zeit"), spiegel.de (Paid)