Lässt tief blicken: Medieninsider Marvin Schade schaut in seinem Interview mit der "New York Times"-Journalistin Taylor Lorenz in die Abgründe der Hype-App Clubhouse. "Die App hat in den USA große Probleme mit Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Belästigung und weiteren wirklich negativen Aspekten", sagt die Kultur- und Technologie-Reporterin. In Deutschland hingegen mögen die Nutzer*innen die Plattform laut Schade ausgerechnet wegen ihrer "niedrigen Hürden" und dem "respektvollen und umgänglichen Umgang". Der Start in Deutschland hat die Plattform beflügelt: Sie zählt inzwischen 2 Mio aktive Nutzer*innen, im Dezember waren es noch 600.000.
Lorenz, die bereits seit der Beta-Phase im April auf der Plattform aktiv ist, berichtet von rechtsextremen Influencer*innen und Blogger*innen, Holocaust-Leugnung zu Jom Kippur und Fake News über Corona-Impfstoffe. Sie wirft den beiden Gründern Paul Davison und Rohan Seth vor, die Inhalte zu wenig zu moderieren und durch die Systematik der App Filterblasen zu fördern. Auf eine rechtsextremistische Bewegung habe das Unternehmen beispielsweise nicht mit Moderation reagiert, sondern zum Ausgleich schwarze Promis angeworben. "Dieses Unternehmen macht wirklich jeden einzelnen Fehler, den Facebook in den vergangenen zehn Jahren vorgemacht hat", fasst sie zusammen.
Inzwischen nutze Lorenz die App nur noch, "um zuzuhören". Ihre anfängliche Euphorie ist verflogen, Grund ist ein Fall aus dem Sommer: Lorenz lieferte sich auf Twitter einen Schlagabtausch mit dem Venture Capitalist Balaji Srinivasan. Die Kritik an der Reporterin zog zu Clubhouse um und eskalierte binnen kürzester Zeit zu einem "uneingeschränkten Angriff auf die Presse", wie Wired zusammenfasst. Das Gespräch zeige eine Gruppe hochmütiger Privilegierter, die sich darüber empören, dass Journalisten sich erdreisten, sie zu kritisieren.
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