Holger Friedrich verteidigt seine redaktionelle Mitsprache.


Hält nichts von alter Schule: Im Interview mit der "Süd­deutschen" verteidigt Verleger Holger Friedrich seine redaktionelle Mitarbeit bei der "Berliner Zeitung". Der Begriff der Unabhängigkeit im Journalismus sollte "neu verhandelt werden". Aus Sicht von Interviewerin Verena Mayer stellt er damit die Trennung von Verlag und Redaktion in Frage, einer "grundlegenden Säule der Publizistik". Friedrich habe aber kein Problem damit, "ergänzende Perspektiven" zu formulieren, da er sich sowieso mehr als "Unternehmer" denn als Verleger sieht. Der Chefredakteur der Wochenend-Ausgabe der "Berliner Zeitung", Tomasz Kurianowicz, springt ihm zur Seite und betont: "Alle publizistischen Entscheidungen trifft die Redaktion". Trotzdem habe sein Verleger das Recht darauf, "seinem Verlag die Tendenz vorzugeben".

Friedrich hatte die "Berliner Zeitung" 2019 gemeinsam mit seiner Frau Silke gekauft. Diese habe sich mittlerweile zurückgezogen, weil die Medien sie in einer "unsachlichen und unfairen Weise" attackiert hätten, sie habe sogar "Morddrohungen" erhalten. Ihn stören "die an Hysterie grenzenden Reaktionen anderer Medien" auf ihn, die ihn als ostdeutschen Unternehmer ohne Plan von der Medienwelt wahrnehmen. Er habe mittlerweile "eine ordentliche journalistische Ausbildung absolviert", zunächst gemeinsam mit den Volontärinnen im eigenen Haus, später an der Leipzig School of Media einen Abschluss gemacht – "mit Urkunde und Stempel". Trotzdem "befremdet" ihn die "hierarchie­fixierte Arbeitskultur" in Zeitungs­redaktionen, weil er in der Vergangenheit durch "hierarchiearmes Arbeiten bessere Ergebnisse" erzielt habe.

Ein vorrangiges Ziel von Friedrich sei noch immer, "vielleicht irgendwann Gewinn" zu machen. Eine mögliche Abschaffung der gedruckten Zeitung unter der Woche will er nicht mit einem Datum festlegen. Einen Verkauf der "Berliner Zeitung" schließt er zum jetzigen Zeitpunkt aus. "Die mitunter eintreffenden Angebote" lege er "weiterhin beiseite".
sueddeutsche.de (Paid), turi2.de (Background)