Große Erwartungen: Funke-Verlegerin Julia Becker tritt zum Interview mit der "Zeit" an. Im Gespräch mit Götz Hamann und Hannah Knuth gibt sie sich selbstkritisch, was vergangene Verlagsentscheidungen angeht – und ehrgeizig mit Blick in die Zukunft. So verkündet sie das Ziel, bis 2025 die Zahl der Abos auf 1 Mio zu erhöhen, davon die Hälfte digital. Aktuell zählt der Verlag ca. 850.000 Abonnentinnen. Schaffen will sie das u.a. durch mehr Diversität in den Redaktionen: "Wir müssen noch viel stärker die heutige Gesellschaft abbilden, also diverser werden, weiblicher, jünger – in unseren Redaktionen und Inhalten." Dazu gehören auch "mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund".
Angesprochen auf die harten Sparrunden der Vergangenheit ist Becker selbstkritisch: "Wir mussten die Regionalmedien restrukturieren, das war unumgänglich, um sie zukunftsfähig aufzustellen. Auch wenn dabei stark an den Redakteuren gespart wurde und zu wenig an den Prozessen." Zudem erkennt sie Nachholbedarf im Digitalen. Becker betont, dass die Komplett-Übernahme des Verlags durch den Grotkamp-Teil der Familie "keine emotionale Übersprungshandlung", sondern gut durchdacht und vorbereitet war.
Becker will mit neuen Produkten und Geschäftsmodellen etwa im Content Marketing angreifen und Kooperationen mit anderen Verlagen forcieren: "Schauen Sie mal auf die familiengeführten Verlage in Nordrhein-Westfalen: Muss da wirklich jeder alle Verlagsfunktionen selbst vorhalten? Können wir da nicht zum Beispiel im Druck oder bei der IT eng zusammenarbeiten, um im Redaktionellen unabhängig zu bleiben?"
"Zeit" 40/2021, S. 30 (Paid)