Mathe als Waffe? Im "Handelsblatt" berichten Michael Scheppe und Hans-Jürgen Jakobs umfassend über Vorwürfe, dass Bertelsmann-Boss Thomas Rabe Gruner + Jahr im Vorfeld des Kahlschlags "bewusst schlechtgerechnet" hat. Aus 134 Mio Euro Gewinn 2021 seien so 1 Mio Euro Gewinn 2022 geworden. Schuld sei etwa die Verlagerung von gewinnbringenden "Filetstücken", wie sie ein Insider nennt, in andere Bertelsmann-Bereiche: namentlich die "Spiegel"-Beteiligung, die Plattform Applike, die Kommunikationsagentur Territory und die DDV-Mediengruppe. Zusammen mit dem Verkauf der französischen Prisma Media sei so allein der Wegfall von 60 Mio Euro bilanziertem Gewinn zu erklären. Zudem habe Rabe statt wie zuvor das Ebitda das stets geringer ausfallende Ebita ausgewiesen. Ein führender Manager sagt dem "Handelsblatt", Rabe habe "bei den Zahlen die üblichen Tricks angewandt, um G+J schlechter dastehen zu lassen".
Vermarktungskosten, "die zum großen Teil im teuren Kölner TV-Geschäft anfielen", seien auch auf G+J umgelegt worden. Die 300 Mio Euro aus dem Verkauf des Verlagsgebäudes 2020 seien zu Bertelsmann geflossen, die Anschluss-Miete eben jenes Gebäudes aber G+J angelastet worden. Ein von Rabe ausgelöster "Manager-Exodus", so Scheppe und Jakobs, habe zudem ermöglicht, die Bilanz mit "hohen Abfindungskosten" zu belasten. Die Autoren zeichnen "das Porträt eines Mannes, der durch Hybris und Großmannssucht aktuell vor allem an sich selbst scheitert".
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