Impfpflicht ab 60 scheitert im Bundestag.


Wollen statt müssen: Die Einführung einer Impf­pflicht scheitert im Bundes­tag. Nur 296 Mitglieder stimmen für den Gesetz­entwurf von Ampel-Abgeordneten, der eine verpflichtende Impfberatung ab 18 Jahren und eine allgemeine Impfpflicht ab 60 Jahren vorsieht. 378 sind dagegen, 9 enthalten sich. Auch ein Gesetz­entwurf der Union zu einem Impf­vorsorge­gesetz ist mit nur 172 Pro-Stimmen deutlich gescheitert. Nach diesem Vorschlag hätte der Bundestag zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal über die Impfpflicht entschieden.

Die Schlagzeilen der Kommentare in den deutschen Medien sprechen Bände. Als "Scheitern mit Ansage" bezeichnet es die "Bild" und fordert Konsequenzen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Markus Feldenkirchen titelt im "Spiegel": "Führung bestellt – Fiasko bekommen". Neben dem Gesundheitsminister wirft er vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz Versagen vor, für das "Deutsche mit ihrem Leben bezahlen" könnten. Ähnlich sieht es Thomas Vitzthum von der "Welt". Das gesamte Projekt sei "dilettantisch orchestriert" gewesen, Scholz habe "der politische Instinkt verlassen". Und auch Nico Fried von der "Süddeutschen" schreibt, der Kanzler habe es "versemmelt". Die Unfähigkeit zum Kompromiss habe zu dem Paradoxon geführt, dass die eigentliche Minderheit der Impfpflicht-Gegner trotzdem ihr Ziel erreicht habe. Die Tagesschau fasst zusammen: "Falscher Zeitpunkt, fehlende Einigkeit in der Koalition und keine Kompromissbereitschaft bei der Union". Sie hält es aber für "durchaus möglich", dass mit einer neuen Corona-Welle im Herbst die Debatte um eine Impfpflicht wieder aufkommt.

Der Ansicht ist offenbar auch Lauterbach. "Es helfen keine politischen Schuldzuweisungen. Wir machen weiter", twittert er unmittelbar nach der Abstimmung. Die Bekämpfung von Corona werde aber im Herbst viel schwerer.
faz.net, bild.de, spiegel.de (Paid), welt.de (Paid), sueddeutsche.de, tagesschau.de, twitter.com