“Leser*innen bald nur noch online”: “taz” analysiert sich selbst mit Innovationsreport.


Im Newsroom der "taz" wird immer noch nicht digital gedacht – es gibt auch nur zwei Social-Redakteure, die um 17 Uhr das Internet abschließen. (Foto: Jens Twiehaus)

Ruf nach Revolution: Ein Team aus "taz"-Mitarbeitern legt heute eine umfassende Studie zur Zukunft von Redaktion und Verlag vor. Der Report empfiehlt der "taz", sich konsequent aufs Digitale zu konzentrieren, mehr Reichweite im Netz aufzubauen und Kernthemen der "taz"-Leserschaft nicht der Online-Konkurrenz zu überlassen. Die Autoren warnen: "Wenn wir so weitermachen wie bisher, können wir in drei Jahren die laufenden Kosten nicht decken."

Der Report analysiert selbstkritisch, dass die "taz" sowohl gedruckt als auch digital Leser verliere. Print-Verluste seien allgemein zu beobachten, die Rückgänge im Digitalen aber besonders bedrohlich. "Wenn wir uns weiter so langsam in Richtung Digitalistan bewegen wie jetzt, droht das Haus zum Goldenen Käfig zu werden", mahnt der Report. Es brauche deshalb u.a. Suchmaschinen-Optimierer und ein Community Management, das sieben Tage die Woche Zielgruppen erschließt. Bislang tun dies nur zwei Redakteure bis 17 Uhr.

Die "taz" müsse in vielen Bereichen wachsen – auch auf der gedruckten Wochenend-Ausgabe ruhen Hoffnungen. Außerdem brauche es neue Produkte. Vorgeschlagen werden ein junges Portal namens Krawallo und eine Premium-App "taz Platin". Auch Podcasts und Newsletter werden genannt. Nebenbei übrigens auch eine höhere Bezahlung für Mitarbeiter, die sich zunehmend Nebenjobs suchen würden, um nicht in der Altersarmut zu landen.

Acht Mitarbeiter haben nach neun Monaten Denkarbeit 225.000 Zeichen Innovationsreport geboren. Sie haben u.a. das Kollegium und Leser befragt und interne Prozesse durchleuchtet. Die Annahme, dass die gedruckte tägliche "taz" bis 2021 verschwindet, halten sie nach der langen Projektarbeit für plausibel. Deshalb schlagen die Autoren vor, den gesamten Journalismus ins Netz zu übertragen und Print-Produktionsgewohnheiten über den Haufen zu werfen: "Was wäre die 'taz', wenn man sie heute neu erfinden würde? Sie wäre mit Sicherheit keine gedruckte Tageszeitung. (...) Sie würde sagen, scheiß auf Print, Papier ist zum Po-Abwischen."
taz.de

Aus dem Archiv von turi2.tv: Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch über die Transformation der "taz".

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