Mai Thi Nguyen-Kim fordert mehr naturwissenschaftliches Basiswissen in Deutschland.

Wissenschafts-Dolmetscher gesucht: Die Gesellschaft braucht mehr Wissenschaftsjournalist*innen, "um komplexe Inhalte verständlich zu vermitteln" und Informationen einzuordnen, sagt Mai Thi Nguyen-Kim in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Wichtig sei "eine saubere Trennung zwischen Debatten innerhalb der Wissenschaft und solchen, die in der Gesellschaft darum kreisen". Nguyen-Kim kritisiert, dass viele Journalist*innen bis heute nicht verstanden hätten, was sie langfristig gesellschaftlich "damit anrichten, schnell mal eine Schlagzeile ins Netz zu stellen, die falsch informiert, im schlimmsten Fall Verschwörungstheorien nährt."

Nicht nur den Umgang der Medien, sondern auch den der Gesellschaft allgemein mit Naturwissenschaft kritisiert die Journalistin. In Deutschland werde dem "naturwissen­schaftlichen Basiswissen" ein zu geringer Stellenwert eingeräumt: "Wir wertschätzen Wissen in Geschichte, Politik, Kunst, Literatur – aber wer kann auf Anhieb die drei Hauptsätze der Thermodynamik erklären, wenn er ein paar Jahre aus der Schule raus ist?", sagt Nguyen-Kim. Häufig bringe man ihr Bewunderung entgegen, weil sie sich für Naturwissenschaft interessiere, "als sei Chemie eine Nische."
"FAS", S. 37 (Paid)