Mutlos, fehlende Empathie, Ablenkungsmanöver: Medien bewerten Scholz-Rede überwiegend kritisch.


Kanzler-Kritik: Olaf Scholz hat sich anlässlich des Kriegsendes am 8. Mai 1945 in einer TV-Ansprache an die Bevölkerung gewandt, die Medien bewerten die Rede überwiegend kritisch. Scholz betont darin u.a., die Ukraine weiter "im Kampf gegen den Aggressor" zu unterstützen. Zugleich beteuert er, keine Entscheidungen zu treffen, welche die Nato zur Kriegspartei werden lassen würde. Scholz wolle "nicht einfach alles" tun, "was der eine oder die andere gerade fordert" – und verweist auf seinen Amtseid, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Einen russischen Diktatfrieden solle es nicht geben, versichert er: "Den werden die Ukrainerinnen und Ukrainer nicht akzeptieren – und wir auch nicht." Die Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg laute: "Nie wieder Krieg. Nie wieder Völkermord. Nie wieder Gewaltherrschaft."

Die Bild etwa spricht von einer "Mutlos-Rede" an die Nation, es habe "kein klares Kanzler-Wort" zu den Krisen-Themen wie etwa die "Super-Inflation" oder den "explodierenden Energiekosten" gegeben. Auch RND-Autorin Eva Quadbeck kritisiert fehlenden Mut: Scholz sei "keinen Zentimeter über die bisherige deutsche Position hinausgegangen", die eine Mischung aus "Solidarität mit der Ukraine und eigenem In-Deckung-Bleiben" bedeute. Ganz anders sieht das Daniel Brössler von der "Süddeutschen Zeitung": Scholz habe u.a. durch die Nennung seiner vier Grundsätze für Waffenlieferungen und Sanktionen seine "Linie klar formuliert" und die Angst vieler Menschen vor einem dritten Weltkrieg ernst genommen.

"Spiegel"-Autor Dirk Kurbjuweit kritisiert fehlende "empathische Worte" für den Kampf der Ukrainer und unterstellt Scholz Absicht: "Denn wer das Kämpfen und Leiden der Ukrainer betont, der weckt Interesse an der Frage: Warum hilft man diesen Menschen nicht entschlossener?" Diese Frage passe allerdings nicht zur "Strategie Vorsicht". Peter Huth bemängelt für die Welt den Zeitpunkt der Veröffentlichung am Sonntagabend gegen 18 Uhr, parallel zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein, und sieht darin ein "unangemessenes Ablenkungsmanöver", das dem Ernst der Lage nicht gerecht werde. Gabor Steingart kritisiert ARD und ZDF. Die Sender seien "in der Theorie zwar staatsfern, in der Praxis aber kanzlernah". Steingart nennt die Dramaturgie der Sendung: "100 Prozent Scholz, Null-Journalismus."
n-tv.de (Rede im Wortlaut), faz.net (Zusammenfassung), youtube.com (8-Min-Video)
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS, Britta Pedersen)