Porträt: Kristina Jeromin, grüne Finanzexpertin.


Über den Tellerrand hinaus: Von ihrer Oma hat Kristina Jeromin gelernt: „Ebbes ist immer für Ebbes gut.“ Für irgendwas ist alles immer gut. Oder, in Jeromins eigenen Worten: „Nicht am Anfang jedes Weges lässt sich absehen, wohin er führen wird.“ Ihre Erfahrungen bestätigen, dass es oft die vermeintlichen Fehlentscheidungen oder großen Kompromisse im Leben sind, „die besonders weit führen“.

Jeromin hat das Leben nach dem Studium der Politikwissenschaften und Philosophie für mehr als zehn Jahre an die Deutsche Börse geführt. Dort verantwortet sie unter anderem das konzernweite Nachhaltigkeits-Management, bevor sie als Bundestagskandidatin der Grünen in Hessen antritt und den Konzern verlässt. Der Listenplatz 11 reicht nicht für den Einzug in den Bundestag, an einem nachhaltigen Finanzsystem arbeitet Jeromin trotzdem weiter.

Seit 2018 ist sie Geschäftsführerin der Initiative „Green and Sustainable Finance Cluster Germany“, deren Ziel die Bündelung nachhaltiger Aktivitäten in der Branche ist. Der Job überrascht Jeromin immer wieder: Es sei spannend, die Entwicklung der letzten Jahre zu begleiten und manchmal auch „proaktiv beeinflussen zu können“. Dabei wünscht sie sich manchmal weniger „So war das schon immer“ – und mehr „Lasst uns das einfach mal versuchen”. Dazu gehört für Jeromin mit Blick auf den Aufbau nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen ein ganzheitlicher Ansatz: „Häufig verliert sich die Diskussion in Details einzelner Wertschöpfungsbereiche.“ Und: mehr Vielfalt. Denn ohne die könne der nötige wirtschaftliche Wandel und dessen Finanzierung nicht gelingen: „Wir brauchen alle Perspektiven mit am Tisch.“ Alle Geschlechter, Generationen, inhaltlichen Hintergründe. Wer Spaß an komplexen Sachverhalten hat, „detaillierter Kleinarbeit etwas abgewinnen kann“, aber auch „gerne visionär über den Tellerrand hinausschaut“, sei deshalb in der Finanzbranche genau richtig.

Kristina Jeromins bester Geld-Tipp ist der mit dem Stein: Nie dürfe man vergessen, dass Geld eine Wirkung hat, die sich nach einer Kauf- oder Anlageentscheidung entfalte „wie Wellen bei einem Stein, den man ins Wasser wirft“. Ganz genau vorhersagen kann diese Wellen niemand. Aber versuchen sollte man es trotzdem: „Dieses Gedankenspiel ist hilfreich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld.“

Tipp vom Kristina Jeromin: „Bleibe wach und (selbst-)kritisch und verliere nie die Lust am Lernen“

Kristina Jeromin
geb. 1982 in Wiesbaden
2002 Studium Politikwissenschaften und Philosophie in Mainz
2009 Verantwortlich für Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen bei der Deutschen Börse
2015 Head of Group Sustainability Deutsche Börse
2018 Co-Geschäftsführerin des Green und Sustainable Finance Cluster Germany
2021 Bundestagskandidatin der Grünen in Hessen


Foto: Christof Mattes

Dieser Beitrag ist Teil der turi2 edition #18 Kapital – alle Geschichten hier im E-Paper: