Aus Fakten Emotionen machen: Julian Reichelt im Bühnen-Talk mit Ulrike Simon.


Herz und Hirn: "Bild"-Chef Julian Reichelt erklärt im Bühnen-Talk mit Ulrike Simon auf dem Deutschen Medienkongress, wie das neue Live-Fernsehen von Bild.de funktioniert. In der aktuellen "sehr frühen Test-Phase", so Reichelt, entscheiden Dringlichkeit und Machbarkeit darüber, was in den ein bis zwei Stunden Live-Programm zu sehen ist. Die Themen der Sendung sollen die Menschen "emotional sofort erreichen". Wie der "Bild"-Chef findet, ein Erfolg: Bei einer Sendung über eine tödliche Familientragödie haben 200.000 Zuschauer eingeschaltet, durchschnittlich blieben sie 7 Minuten dabei.

Viel Programm will Reichelt künftig mit User-generated Content bestreiten – ein Widerspruch zum Fact-Checking? Reichelt widerspricht: "Das Blödsinn-Risiko steigt nicht, wenn man die Zahl der Journalisten reduziert." Journalisten redeten oft genug Blödsinn, findet Reichelt. Auch heißt User-generated Content nicht, irgendwen zu befragen, sondern etwa in einem Polittalk über die Rente möglichst viele Betroffene zu Wort kommen zu lassen.

Von Ulrike Simon auf die Verantwortung der "Bild" für die Polarisierung der Gesellschaft angesprochen, hebt Reichelt die konstruktive Rolle der "Bild" im Rahmen der Flüchtlingskrise hervor: "Davon war ich integraler Bestandteil und Treiber." Damit habe "Bild" mehr Verantwortung wahrgenommen als jede andere Boulevard-Zeitung auf der Welt. Reichelt hält es für "völlig legitim", aus Fakten Emotionen zu machen. "Was wir nur niemals machen dürfen, ist, aus Emotionen Fakten zu machen."
youtube.com (8-Min-Interview)