Rheingold Institut: Die Deutschen versuchen, den Ukraine-Krieg zu verdrängen.


Seelische Abwehrstrategie: Nach der "kollektiven Schockstarre" zu Kriegsbeginn versuchen die Deutschen, den Krieg zu verdrängen und Normalität herzustellen, sagt eine tiefenpsychologische Untersuchung des Rheingold Instituts. Die Menschen versuchen, "die Kriegswirklichkeit aus dem eigenen Alltag zu filtern", sagt Institutsleiter Stephan Grünewald. Sie deaktivieren Eilmeldungen, weichen dem Thema in Gesprächen aus oder vermeiden die Konfrontation mit Kriegsbildern. Andere Bewältigungsstrategien sind die Selbstbestärkung durch z.B. Sport und Experten, die das Geschehen in der Ukraine "entdramatisieren". Genussvolle Momente mit Freunden und der Familie sind zudem für viele Menschen zentral. Die Forscherinnen des Instituts haben Tendenzen zum Feiern, "als gäbe es kein Morgen", gefunden, die an die 1920er Jahre erinnern.

Die Situation verändert auch den Medienkonsum insofern, dass der Wunsch nach "Heile-Welt-Inszenierungen" im TV und Streaming steigt. Die Sendungen sollen jedoch weit weg vom eigenen Alltag sein und am besten in "einer anderen Zeit oder Szenerie" stattfinden. Grünwald sagt zudem, dass der Krieg die Sprache beeinflusst. So ist in den letzten Jahren die Rede vom "Hamstern" gewesen, jetzt geht's ums "Bunkern". Ausdrücke wie „explodierende Gaspreise“ oder „katapultierte Nachrichten“ zeigen zusätzlich, wie der Krieg die Menschen unterbewusst beschäftige. (Foto: Picture Alliance / Rolf Vennenbernd)
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