Sachverständigenbericht über Corona-Maßnahmen kritisiert politische Kommunikation und fehlende Daten.


Pandemie-Politik: Der Sachverständigenausschuss veröffentlicht seinen Evaluierungs-Bericht zu den Corona-Maßnahmen und übt an vielen Stellen Kritik. Die Wirksamkeit der meisten Maßnahmen können die Fachleute nicht abschließend beurteilen, weil entsprechende Daten fehlen. Darüber hinaus weisen sie auf verfassungspolitische Probleme der Bund-Länder-Konferenz und der Bundesnotbremse hin und kritisieren die politische Kommunikation während der Pandemie. Es habe Verwirrung verursacht, dass sich die Politik immer wieder auf neue Kennzahlen berufen habe. Abweichende Meinungen seien zudem oft "ohne ausreichenden Diskurs ins Abseits gestellt worden".

Die Medien interpretieren die Ergebnisse unterschiedlich. Als "Generalabrechnung mit der Politik und dem RKI" beschreiben die "Welt am Sonntag" und die "Berliner Zeitung" das Gutachten. Zudem berichtet die "Welt" über Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Kommission. Bei anderen fällt die Bilanz gemischter aus. Die Maßnahmen seien "nur teilweise wirksam" gewesen, schreiben unter anderem das ZDF, die "FAZ" und die "Süddeutsche". Die sieht "weder eine klare Bestätigung der deutschen Corona-Politik, noch eine nachträgliche Ablehnung".

In einem Kommentar der Zeitung findet Wissenschafts­redakteurin Christina Berndt die Chance auf eine hochwertige Evaluation "auf erschütternde Weise vertan". Der Ausschuss sei zu schwach besetzt gewesen und politisch benutzt worden, um "Haltungen im Nachhinein zu bestätigen". Die "Süddeutsche" hatte die Methodik des Gutachtens bereits in einem älteren Beitrag kritisiert. Auch die Tagesschau nennt es "ein Gutachten mit vielen Fragezeichen" und verweist auf die begrenzte Aussagekraft, die auch die Autorinnen selbst betonen.

Als Konsequenz aus den Ergebnissen fordert der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki, RKI-Präsident Lothar Wieler zu entlassen. Das "Datenchaos", das die FDP angeprangert habe, werde mit dem Bericht nun offiziell benannt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach betont dagegen, das Robert-Koch-Institut habe bei der Inzidenz "immer gute Daten geliefert" und Wieler genieße sein "volles Vertrauen".
welt.de, welt.de (Meinungsverschiedenheiten), berliner-zeitung.de, zdf.de, sueddeutsche.de (Bericht), sueddeutsche.de (Kommentar), tagesschau.de, spiegel.de (Wieler)