“Spiegel”: Springer hat Anwalt und Mandantin mit strafrechtlichen Schritten gedroht.


Drohgebärden? Der "Spiegel" berichtet in einer ausführlichen Titelstory, dass Springer die Veröffentlichung von Details aus dem Verfahren um Julian Reichelt mittels Drohschreiben juristisch verhindern wollte. Springers Chefjustiziar Konrad Wartenberg habe Christian Schertz, Rechtsanwalt einer Betroffenen, vor dem Erscheinen der Texte von "New York Times" und des Ippen-Teams vorgeworfen, Protokolle aus Springers Compliance-Verfahren gegen Reichelt an Journalistinnen durchgestochen zu haben. Springer habe den Juristen aufgefordert, das Protokoll sofort zurückzuziehen, um "Schadensbegrenzung" zu üben. Schertz bestreitet, dass er oder seine Mandantin das Protokoll weitergegeben haben.

Dazu kommt, dass die Hamburger Kanzlei KNPZ im Auftrag von Springer gegenüber Schertz und seiner Mandantin von einem womöglich strafbaren "Verstoß gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz" gesprochen habe, berichten die "Spiegel"-Autorinnen. Ihr Urteil: "Betroffene werden bei Springer ganz offenkundig als Gefährder eingestuft, als potenzielle Whistle­blower." Springer bestätigt den Kontakt und begründet die Drohung mit einer "Fürsorgepflicht". Es gehe darum, "die Integrität des Compliance-Verfahrens und die Rechte aller daran beteiligten Personen" zu schützen.

CEO Mathias Döpfner hatte in einem Video an die Springer-Belegschaft vor wenigen Tagen noch jegliche Einflussnahme durch Springer auf die Berichterstattung bestritten. Inzwischen hat sich Döpfner bei einem internen "Bild"-Meeting zum Fall Reichelt geäußert. Der Dienst Medieninsider zitiert aus dem Statement, Springer bestätigt die Authentizität. "Ich bedauere zutiefst, was ihr alle erleben müsst", sagt er der Belegschaft. Aus heutiger Sicht hätte der Vorstand sich "schon vor einem halben Jahr von Julian Reichelt trennen müssen. Er hat uns belogen und wir haben uns belügen lassen." Döpfner entschuldigt sich zudem bei Mitarbeiterinnen, die sich durch den Begriff "Propaganda-Assistenten" für Journalistinnen kritisiert fühlten.
"Spiegel" 43/2021, S. 10 (Paid), medieninsider.de (Paid), turi2.de (Background)