Übermedien: Buzzfeed-Verleger Dirk Ippen stoppt Bericht über “Bild”-Chef Julian Reichelt.

Gekippt: Buzzfeed-Verleger Dirk Ippen hat kurzfristig eine Berichterstattung über "Bild"-Chef Julian Reichelt verhindert, meldet Stefan Niggemeier bei Übermedien. Am Sonntag hätten bei Medien der deutschen Ippen-Gruppe bisher unbekannte Details über den mutmaßlichen Machtmissbrauch von Reichelt erscheinen sollen, das Ippen-Investigativ-Team um Chefredakteur Daniel Drepper habe rund ein halbes Jahr recherchiert. In einem Protest-Brief an Ippen und die Geschäftsleitung äußern die Investigativ-Journalistinnen deutliche Kritik an der Entscheidung und schreiben von einem "Vertrauensbruch". Das Veto des Verlegers widerspreche "allen Regeln der unabhängigen Berichterstattung". Besonders irritiert habe das Team, dass für den Stopp "keine juristischen oder redaktionellen Gründe" genannt worden seien. Auch Anrufe von Springer-Verantwortlichen bei der Ippen-Mediengruppe sollen dem Schreiben zufolge nicht der ausschlaggebende Grund gewesen sein, "sondern persönliche Geschmacksfragen". An den Recherche-Ergebnissen bestehe "ohne jeden Zweifel ein hohes öffentliches Interesse". Erst vor knapp einem Jahr hat Ippen Buzzfeed Deutschland und damit auch die Investigativ-Redaktion Buzzfeed News übernommen, im Juni erfolgte die Umbenennung zu Ippen Investigativ.

Auch ein Artikel der "New York Times" von Ben Smith geht auf den durch Ippen gestoppten Bericht ein. Außerdem sind neue Details darüber zu lesen, wie Reichelt mit jungen Kolleginnen umgegangen sein soll. Smith schreibt von einer "Mischung aus Sex, Journalismus und Firmengeld" in der "Bild"-Redaktion. Der Artikel zitiert zudem aus einer Nachricht von Springer-CEO Mathias Döpfner an Benjamin von Stuckrad-Barre, wonach man bei der internen Untersuchung gegen Reichelt "sehr vorsichtig" sein müsse, weil Reichelt "der letzte und einzige Journalist in Deutschland" sei, "der noch mutig gegen die neue DDR-Diktatur" rebelliere. Döpfner bezog sich offenbar auf einen Kommentar von Reichelt über die Corona-Maßnahmen.

Im Frühjahr hatte Springer ein Compliance-Verfahren gegen Reichelt eingeleitet. Das Ergebnis: Reichelt habe zwar Fehler gemacht, diese seien aber nicht schwerwiegend gewesen. Reichelt durfte in Folge dessen an seinen Arbeitsplatz zurückkehren und "Bild"-Chefredakteur bleiben – allerdings fortan neben Alexandra Würzbach.
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