“Wenn wir nicht mehr da sind, hat eine KI nichts mehr, was sie zusammenfassen kann.” Madsack diskutiert über die Zukunft der Medien.


Verwendet der NDR Bezahl-Inhalte von niedersächsischen Lokalzeitungen, ohne fair zu zitieren? Und was ist davon zu halten, dass "T-Online" Inhalte anderer Medien per KI umschreibt? Beim Kongress "The Future of German Media" in Hannover haben die Spitzen der Medienbranche über die "Erfolgsfaktoren" ihrer Medien diskutiert – auf Einladung von Madsack. Unter den mehr als 500 Gästen waren auch Konkurrenten des Zeitungsriesen. Einen Ritt durch nahezu alle aktuellen Branchen-Themen lieferte ein Auftakt-Panel, bei dem Madsack-Chef Thomas Düffert, Kai Röhrbein, Verleger in Walsrode und Chef des Lokalzeitungs-Verbandes VDL, ARD-Chef Florian Hager, Funke-Verlegerin Julia Becker und T-Online-Chef Florian Harms aufeinander trafen.

Weitgehende Einigkeit herrschte unter den Diskussions-Teilnehmenden noch darüber, dass Kooperationen wichtiger werden und die Konsolidierung auf dem Zeitungsmarkt weitergehen wird. Dennoch war Düffert überzeugt, dass der Journalismus die Transformation überlebt: "Wenn wir nicht mehr da sind, hat eine KI nichts mehr, was sie zusammenfassen kann." KI könne keine Recherche betreiben oder an einem Thema auch mal länger dran bleiben. Aktuell sehe er in der Verwendung von KI als Tool mehr Chancen als Gefahren – das könnte sich in fünf Jahren aber auch ändern.

Funke-Verlegerin Becker widersprach: Sie kritisierte etwa die KI-Zusammenfassungen, die Google neuerdings in den Suchergebnissen liefert, als Gefahr für ihr Geschäftsmodell: "Dadurch werden wir weniger relevant und weniger sichtbar." Kritik übte Becker auch an Social Media: "Diese Plattformen sind das Werkzeug derer, die unsere Demokratie zerstören wollen."

Auch "T-Online"-Chef Harms schoss sich auf die Plattformen ein: Er sieht die "eigentliche Herausforderung auf der anderen Seite des Atlantiks". Er fordert, die Plattformen rechtlich wie Medien zu behandeln – inklusive redaktioneller Verantwortung. Medienmarken, die überleben wollten, müssten seiner Meinung nach "eine Rolle" im Leben der Menschen spielen. Das funktioniere u.a. über starken Journalismus. Er appellierte an Verlage, gute Journalisten einzustellen und sie auch gut zu bezahlen.

Anders als Madsack und Funke setzt "T-Online" massiv auf Reichweite und Werbefinanzierung. Chefredakteur Harms sagte, er wolle auch Menschen, die sich Bezahl-Abos nicht leisten könnten oder wollten, mit qualitativ hochwertigem Journalismus versorgen. Dafür setze die Redaktion auch KI ein. Wenn Harms’ Team die Paywall-Inhalte anderer Medien aufgreife, lege er Wert darauf, sich ausschließlich auf den Kern der Nachricht zu konzentrieren und fair zu zitieren.

Zuvor hatte Becker "T-Online" dafür kritisiert, dass die Redaktion auch Paywall-Inhalte anderer Medien aufgreift. Auch "Walsroder Zeitung"-Verleger Röhrbein kritisiert fehlende Quellen-Hinweise, allerdings in der ARD. Er beobachte jeden Morgen, dass der NDR auf die Paywall-Inhalte seiner Zeitung zugreife, allerdings ohne im Programm fair zu zitieren.

Weiteres Thema war der schon seit Jahren schwelende Streit zwischen Verlegern und ÖRR. Düffert gab sich überzeugt, dass der Streit mit ARD und ZDF in Zukunft keine Rolle mehr spielen werde. Schärfere Töne kamen von Becker: Der ÖRR könne sich, anders als die Verlage, auf das Ausgeben von Geld konzentrieren. Sie warf den Sendern vor, für ein langsames Sterben ihres Geschäftsmodells mitverantwortlich zu sein. ARD-Chef Hager gab zu: "Wir haben es leichter, weil wir kein Geld verdienen müssen." Für das Sterben von Zeitungen wollte er aber nicht verantwortlich sein. Hager betonte, dass der Großteil des Angebots des ÖRR schon heute aus Audio und Video bestehe, und er bekräftigte die Bereitschaft der ARD zur Kooperation. "Unser Mediensystem wird nur überleben, wenn wir kooperieren." In der ARD gebe es dafür schon zahlreiche Beispiele.

Bereits am Mittag berichtete turi2 über die Ankündigung von Funke-Verlegerin Becker, Gastgeber Madsack auf dem Feld der Belieferung fremder Zeitungen mit Mantel-Seiten "massiv Konkurrenz" machen zu wollen.
turi2 vor Ort, medien.epd.de (€), turi2.de (Becker/Mantel)

Hinweis: Wir haben eine Aussage von Florian Hager im Nachhinein angepasst.

(Foto: Tim Schaarschmidt / Madsack)