Chefredakteurs-Dämmerung: Chefredakteur Wolfgang Krach verliert anscheinend zunehmend den Rückhalt der Redaktion der "Süddeutschen Zeitung". Ein entsprechendes Bild zeichnen Senta Krasser und Frederik von Castell im "Medium Magazin". Sie reden für ihre Titelgeschichte mit zahlreichen ehemaligen und aktuellen "SZ"-Köpfen – "sie sprachen offen, baten aber um Anonymität", wie von Castell in seinem Editorial schreibt. Ausgehend vom Abgang des Investigativ-Duos Bastian Obermayer und Frederik Obermaier haben schon viele prominente und prägende Köpfe die Zeitung verlassen, laut "Medium Magazin" "sitzen zahlreiche SZ-Journalistinnen und -Journalisten auf gepackten Koffern.
Als Grund nennen ehemalige und aktuelle Beschäftigte "die beständig gedrückte Stimmung im Haus, aber auch mangelnde Perspektiven sowie die schlechte Bezahlung im Vergleich zu anderen Medien." Krach vertrete die Meinung, "dass man bei der 'SZ' vor allem deshalb arbeite, weil man die 'SZ' liebt".
Ein weiterer Grund sei das angekratzte Image der Zeitung, das zuletzt unter Kritik im Fall Aiwanger und durch die Maulwurfsuche im Fall der Plagiatsvorwürfe gegen Alexandra Föderl-Schmid gelitten hat. Die schlechte Krisenkommunikation des Blattes trage die "Handschrift" des Chefredakteurs, zitiert das "Medium Magazin" eine Quelle.
Viele der "MM"-Quellen fordern einen "Neustart" und nicht nur den Abgang von Krach, sondern der gesamten Chefredaktion, zu der auch Judith Wittwer, Ulrich Schäfer und die krankgeschriebene Alexandra Föderl-Schmid gehören. Andere fürchten sich genau davor und sind "heilfroh", dass es Krach gebe, weil er verhindere, dass sich der Spardruck der SWMH aus Stuttgart zu sehr auf die Qualität der Zeitung auswirke.
Krach selbst war laut von Castell nicht zu einem Interview bereit. In einem Hintergrundgespräch habe er aber seine Hoffnung ausgedrückt, dass das "Medium Magazin" seine Berichterstattung nicht nur auf anonyme Aussagen stütze. Von Castell schreibt dazu in seinem Editorial: "Quellen und ihre Motive sind sorgfältig zu prüfen; aber Quellen die Möglichkeit zur anonymen Äußerung zu geben, ist ebenso wichtig."
"Medium Magazin", 2/2024, S. 16-21 (€), mediummagazin.de (Artikel-Anlauf)
Foto: SZ-Photo, Cover "Medium Magazin", Montage: turi2