Wissenschafts-Talk der “Bild” endet mit Verabredung für weiteren Dialog.

"Lockdown-Macher" treffen Schlagzeilen-Macher: "Bild" hat mit einem Talk am Freitagmittag versucht, sein zerrüttetes Verhältnis zur Wissenschafts-Community zu kitten – zu Teil offenbar mit Erfolg. Mit Viola Priesemann und Michael Meyer-Hermann sind auch zwei der Anfang Dezember als "Lockdown-Macher" verunglimpften Wisschenschafts-Köpfe zum Gespräch mit Chefredakteur Johannes Boie angetreten. Außerdem nahmen Otmar Wiestler, Chef der Helmholtz-Gemeinschaft, und Michael Hallek von der Uniklinik Köln an der Runde Teil. "Bild"-Chef Boie unterstreicht mehrfach, dass der umstrittene Artikel auch in der Redaktion scharf diskutiert wurde. Der Physiker Meyer-Hermann sagt, dass er die Gesprächsrunde auch als Entschuldigung der "Bild" bei den betroffenen Forschenden verstehe. Eine wörtlich ausgesprochene Entschuldigung von Boie gibt es allerdings nicht – er sagt allerdings, dass er den Text heute in dieser Form nicht mehr veröffentlichen würde.

Am Ende des mehr als einstündigen Gesprächs stehen vor allem Angebote zu weiteren Gesprächen. "Ich würde mich freuen, wenn mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ans Telefon gehen, wenn 'Bild' anruft", bilanziert Boie. Er habe dazugelernt, dass es sich Forschende anders als Politik-Köpfe meist nicht ausgesucht haben, in der Öffentlichkeit zu stehen. Michael Hallek fordert eine Diskussion über die Verantwortung des Springer-Verlags. Wer so viele Menschen erreiche, dürfe nicht spalten.

Die Physikerin Priesemann wünscht sich, dass sich der Boulevard mehr an Mittelwerten der Wissenschaft orientiert als an den Extrem-Werten. Helmholtz-Chef Wiestler signalisiert Boie in seinem Schluss-Statement Bereitschaft zur Zusammenarbeit, fordert aber auch Qualitätsmaßstäbe für eine faktenbasierte Wissenschafts-Kommunikation. Der Immunologe Meyer-Herrmann bescheinigt Wissenschaft und Boulevard-Journalismus Nachholbedarf darin, die richtige Sprache zu finden. Oft meinten beide mit den selben Worten unterschiedliche Dinge. Die für "Bild" typische Zuspitzung sieht er als "Riesenproblem" und nicht vereinbar mit der Forschung. (Fotos: Springer)
turi2 – eigene Beobachtung, taz.de, tagesspiegel.de, dwdl.de