“Zeit” berichtet über schwierige Lage und Unzufriedenheit bei der “Berliner Zeitung”.

Stimmungstief? Die "Zeit" nimmt sich die Situation des Berliner Verlags von Holger Friedrich vor und zeichnet ein verstörendes Bild über die Stimmung in der Redaktion der "Berliner Zeitung". Tomasz Kurianowicz, Chefredakteur der Wochenend-Ausgabe der Hauptstadt-Zeitung, wirft der "Zeit" gegenüber turi2 fehlende journalistische Sorgfalt vor. Der Text von Hannah Knuth ist voller anonymer Stimmen von früheren und aktuellen Beschäftigten. Eine Redakteurin sieht, wie das Blatt "richtig gegen die Wand klatscht", eine andere Mitarbeiterin wirft Friedrich vor, keine Geduld zu haben und sich nicht beraten zu lassen. Der Verleger setze stark auf die neue Wochenend-Ausgabe, behandle die Tageszeitung "stiefmütterlich" und forciere die Trennung von Tageszeitungs- und Wochenend-Redaktion. Zudem habe Friedrich nach "Zeit"-Informationen als anonymer Autor zwei Beiträge in der Zeitung platziert.

Der Betriebsrat habe in einer E-Mail vor einem "Klima der Angst" gewarnt, schreibt Knuth, weil die Geschäftsleitung vermehrt Personal-Gespräche führe. Mehrere Beschäftigte seinen zuletzt aufgefordert worden, das Haus zu verlassen – u.a. wegen der finanziellen Lage der Zeitung. Geschäftszahlen nennt der "Zeit"-Artikel nicht, zitiert aber ehemalige Beschäftigte, die glauben, dass die Zeitung in die Insolvenz geht, wenn Friedrich aufhöre, sie aus seinem Privatvermögen zu finanzieren. Am Mittwoch war Friedrich selbst in die Offensive gegangen und hatte verkündet, dass der Verlag erstmals seit dem Besitzer-Wechsel vor zwei Jahren ein "ausge­glichenes Betriebs­ergebnis" erwartet.

Tomasz Kurianowicz, Chefredakteur der "Berliner Zeitung am Wochenende", äußert sich am späten Abend gegenüber turi2 "empört und enttäuscht" über den Beitrag der "Zeit". Er habe der Autorin Hannah Knuth ein Interview-Angebot gemacht, "damit sie eine andere Perspektive auf die Entwicklungen im Berliner Verlag gewinnen" könne. Knuth habe mit "Verweis auf den voranschreitenden Redaktionsschluss" abgelehnt. Kurianowicz nennt die Berichterstattung "tendenziös", "einseitig" und "unfair".

Update 18.11., 11 Uhr
Die "Zeit" widerspricht der Darstellung von Kurianowicz. Knuth habe das Interview-Angebot angenommen und um Termin-Vorschläge gebeten. Zuvor habe die "Zeit" einen Katalog mit vier Fragen an die Geschäftsführung der "Berliner Zeitung" geschickt und um Beantwortung binnen 24 Stunden gebeten. Die Rückmeldung des Berliner Verlags sei Stunden nach der Frist eingegangen und ohne sich zu den Fragen zu äußern.
zeit.de (Paid), turi2.de (Verlags-Prognose), turi2 – eigene Infos

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Mitarbeit: Tim Gieselmann