Mit dem "Tag der Pressefreiheit" hat am Wochenende die "Woche der Meinungsfreiheit" begonnen: Bis zum 10. Mai machen Medien und Zivilgesellschaft auf Meinungsfreiheit als wichtige Stütze der Demokratie aufmerksam. turi2 sammelt vier prominente Stimmen, die einen kritischen Blick auf die Lage von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt werfen. Zu Wort kommen Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, Reporterin und Aktivistin Düzen Tekkal, US-Journalist Martin Baron und der Wiener Medienexperte Andre Wolf.
Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen beklagt in einem Gastbeitrag in den VRM-Medien einen "noch nicht wirklich entzifferten Großangriff auf den unabhängigen Journalismus begonnen" durch "Plattform-Oligarchen" wie Elon Musk, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos. Dieser Angriff sei geeignet, die Pressefreiheit zu gefährden und den Marktplatz der Ideen zu zerstören". "Gegenwärtig haben ein paar wenige Einzelne viel zu viel Macht. Sollten diese Einzelnen zufällig die klügsten, gütigsten und weisesten Menschen auf Erden sein (was in den genannten Fällen nicht zutrifft), so wäre ihr Einfluss für jeden demokratisch und freiheitlich denkenden Menschen gleichwohl ein Skandal." Pörksen fürchtet einen Rückfall ins "publizistische Mittelalter".
Düzen Tekkal, Kriegsreporterin und Aktivistin", spricht zum "Tag der Pressefreiheit" mit der "Frankfurter Rundschau". Mit Blick auf Social-Media-Algorithmen, die Lagerdenken und Polarisierung fördern, fühlt sie sich als Journalistin von Tech-Riesen wie "Meta, Google und Co alleingelassen": "Die Einordnung von emotional geladenen Inhalten und Fake-News fehlt komplett", kritisiert sie. Sie sieht Deutschland in einem "Informationskrieg" und fordert von der Politik auf EU-Ebene eine Journalismus-Förderung, die den Job wieder attraktiv mache.
Martin Baron, Ex-Chefredakteur der "Washington Post", schwankt im Gespräch mit dem österreichischen "Standard" zwischen Sorge um die Freiheit des Journalismus unter Donald Trump in den USA und der Verteidigung seiner früheren Redaktion. Die Kollegen könnten trotz der Anbiederung von Zeitungs-Eigentümer Jeff Bezos an den US-Präsidenten "wie immer" arbeiten – auch Trump-kritisch. Er schränkt aber ein: "Was Bezos getan hat, war ein Bärendienst an der Redaktion. Es schadete dem Image und führte zum Eindruck, die Redaktion könne nicht frei agieren." Er glaubt aber, dass die Lage für Medien und Journalisten in den USA schlimmer wird. Baron erwartet etwa Ermittlungen gegen unliebsame Journalisten – etwa mit dem Vorwurf, die nationale Sicherheit zu gefährden.
"Wir leben in einer Zeit, in der wir so viel sagen können, wie noch nie zuvor", sagt der Wiener Medienexperte Andre Wolf im Gespräch mit dem "Südkurier" zum Thema Fake News und Lügenpresse-Vorwürfe gegen etablierte Medien. "Der Journalismus definiert sich durch prüfen, doppelt prüfen, nochmal prüfen. Im Bereich sogenannter alternativer Medien oder auch Influencer beachten viele diese Regeln häufig nicht", bemängelt er. Gleichzeitig sagt Wolf, dass jeder Mensch das Recht habe, zu lügen – er dürfe dabei nur nicht die Rechte anderer einschränken. Im Umgang mit polarisierenden Inhalten plädiert er dafür, den "Interessiert nicht"-Button anzuklicken. Nur so würde der Algorithmus den Inhalt herabstufen.
echo-online.de (Pörksen), fr.de (Tekkal), derstandard.at (Baron), suedkurier.de (Wolf)
(Fotos: Albrecht Fuchs, Annette Riedl, Andrew Harnik, Roland Schlager / via picturedesk.com, Montage: turi2)