Blattkritik: Janina Gatzky und Ute Gliwa, Chefredakteure “Séparée”, über “Playboy”.

Blattkritik_Janina Gatzky, Ute Gliwa, Séparée, Playboy-400

In Séparée schreiben Ute Gliwa und Janina Gatzky über die Lust der Frauen, für turi2 begutachten sie den Playboy und “künstliche Möpse”, die sie “nicht mal geschenkt nehmen würden”.

Zwei Frauen zu bitten, den “Playboy” unter die Lupe zu nehmen, kommt der Herausforderung gleich, vor der eine Hardcore-Vegetarierin steht, die ein saftiges T-Bone-Steak bewerten soll. Denn – getreu seinem Claim “Alles, was Männern Spaß macht” – schließt der Platzhirsch unter den Männermagazinen uns als Zielgruppe per se aus. Dass wir hin und wieder Mitleserinnen des “Playboys” waren, tut wenig zur Sache, außer, dass dies der Anstoß für ein Erotikmagazin für Frauen war. Apropos Erotik: Trotz über 20 Seiten Frauenakt wird man weder dem Heft noch der eigenen Erwartung gerecht, wenn man den “Playboy” als Erotikmagazin betitelt und liest. Hier geht es in erster Linie um Lifestyle für den Mann.

Beginnen wir ganz vorn. Auf jedem Cover ein fescher Feger, der kommuniziert: Frauen sind für Heteromänner Lustobjekt und Spaßfaktor Nr. 1. Was alle eint? Künstliche Möpse – so sieht es zumindest aus – die wir nicht mal geschenkt nehmen würden. Selbst Männer in unserem Umfeld reagieren verunsichert bis ablehnend darauf. Schauen wir, was Männern sonst noch Spaß macht: Autos, Abenteuer und Adrenalin. Etwas Übermut und Nervenkitzel braucht das Männerherz. Wer sich nicht unmittelbar selbst an den Rand der nächsten Klippe begibt, um die Welt zu retten, kann wenigstens einmal im Monat davon träumen, ein James Bond zu sein. Vielleicht ist 007 ja überhaupt der Schlüssel zum Verständnis des Heftkonzepts. Inspiration für den Möchtegern-Lebemann.

Cora Schumacher im Playboy 600

Natürlich gibt es jene Männer, die den “Playboy” angeblich nur der guten Interviews wegen lesen. Und hier müssen wir den Kollegen wirklich ein großes Kompliment machen: Die Namen – ob aus Politik, Sport und Kultur – klingen sich wie ein Who is Who der allerersten Reihe. Die meisten Texte lesen sich recht ansprechend und unterhaltsam. So richtig gut fanden wir zwei Artikel: die Kolumne von Ralf Husmann und das kurze Interview mit Alain de Botton über die ganz großen Männerfragen.

Komplementiert wird der Cocktail (geschüttelt, nicht gerührt!) von ein paar Standards, bei denen wir uns doch fragen: Interessiert das wirklich irgendwen? Das alljährliche Grill-Gedöns zum Beispiel, die uralten Witze oder die ewig gleichen Autotexte. Glauben Männer tatsächlich, Frauen damit beeindrucken zu können oder ist der “Playboy” doch nur ein Märchenbuch für große Jungs? Ach ja, den Fortsetzungsroman wollen wir nicht vergessen. Auch hier viel Geld, Topspeed und ein Heliabsturz. Erotik, um noch einmal darauf zurückzukommen, spielt in ihrer Vielfalt im “Playboy” kaum eine Rolle, zumindest bei der Themenauswahl, sofern man nicht die Auffassung vertritt, dass allein Geld und Macht sexy machen. Hier würden wir dem “Playboy” gern den Mut wünschen, die männliche Sexualität von ein paar fest sitzenden Klischees zu befreien. Erotik passiert im Heft in erster Linie visuell.

Während Frauen sich gern andere Frauen anschauen, weil sie sich mit ihnen vergleichen oder identifizieren, betrachten Männer Frauen, weil sie sich als deren potentielle Liebhaber sehen. Ein süßes Bond-Girl genügt, um im Geiste zum Geheimagent zu werden. In diesem Bereich lässt die Chefredaktion aber auch gar nichts anbrennen und setzt auf (grafisch optimierte) junge Frauenkörper. Allerdings fragt man sich schon, ob Männern die bis zur Charakterlosigkeit tot geblitzten und seelenlos gephotoshoppten weiblichen Hohlkörper wirklich gefallen? Oder sind Playmates die Alltagsflucht des Mannes wie die “Landlust” für die Frau?

Was uns am “Playboy” wirklich beeindruckt: Wie man es – und das ist absolut ernst gemeint – über eine so lange Zeit – in Mannesjahre gemessen ist der “Playboy” ja weiß Gott kein Frischfleisch mehr, sondern streng genommen ein rüstiger Vorruheständler – geschafft hat, mit einem denkbar einfachen Rezept jung zu bleiben: Was Männern Spaß macht, scheint sich über die Jahre kaum geändert zu haben.

Etwas verwundert legen wir dem Liebsten das durchblätterte Heft unters Kopfkissen und fragen uns, ob sich irgendwann herausstellen wird, dass der “Playboy” ein aus Frauensicht inzwischen antiquiertes Männerbild transportiert oder ob manche Märchen nie ihren Reiz verlieren.

Im Reigen der Blattkritiken erschienen bisher folgende Beiträge:
Florian Boitin am 10.5.2015 über “Clap”
Peter Böhling am 2.5.2015 über “Cicero”
Christoph Schwennicke am 26.4.2015 über “Kontext”.
– Josef-Otto Freudenreich am 19.4.2015 über die “B.Z.”.
– Peter Huth am 11.4.2015 über “Geo Wissen Gesundheit”.
Michael Schaper am 4.4.2015 über die deutsche “People”

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