Multimedia-Chef Tilo Barz vom Hessischen Rundfunk kommt mit Pokémon Go öfter weg vom Schreibtisch und lernt dank der kleinen Viecher viel über App-Entwicklung. Der Rugby-Fanatiker und Videotext-Nutzer studiert auf seinem Homescreen PR-Postings aus dem Kreml, während snapchattende Teenager um ihn herumwuseln.
Ja, ich bekenne:Pokémon Go bewegt mich, buchstäblich. Nach gefühlten 2.000 Taubsi– und 800 Rattfratz-Fängen mag der Spielwert etwas nachlassen, aber Level 25 finde ich ganz respektabel! Die App demonstriert uns schlaglichtartig, welches Potenzial noch in Augmented Reality schlummert. Sie hat in diesem Sommer unzählige Lauffaule zu langen Spaziergängen motiviert und aus dem Nichts weltweite und altersübergreifende Gesprächsthemen geschaffen. Und sie illustriert ein Grundprinzip guter App-Entwicklung: Konzentriere dich auf das Wesentliche, aber das realisiere in exzellenter Weise.
Bei News interessiert mich genau dieses Motiv auch. Was genau sind die wesentlichen Funktionen, mit denen Smartphone-Nutzer heute zeitgemäß ihre Neugier befriedigen? Als gelernter Nachrichtenredakteur bin ich selbst ein News-Junkie und mische über den Tag verteilt gern ganz verschiedene Zugangsmodi zu Informationen: Einerseits die klassischen Apps von Tagesschau, Spiegel Online und der BBC, bei denen ich mich ganz bewusst für die Perspektive und Auswahl einer bestimmten Redaktion entscheide.
Für unterschiedlichste Quellen wie Spreeblick, Carta oder meine Special-Interest-Websites TotalRugby und Brickset.com ist Feedly ein sehr angenehm zu nutzender Feed-Reader. Aber oft habe ich auch Lust auf das mit Cards gestaltete Infotainment von Buzz oder neuerdings auf den sehr spannenden Ansatz von Resi, einem Berliner Startup, das mir die Nachrichten des Tages im Dialog nahebringt.
Unser eigenes regionales Angebot hessenschau.de hat noch gar keine App, aber der Direktlink auf das responsiv gestaltete Angebot fühlt sich auf dem Smartphone schon fast genauso an. Dafür habe ich bei unseren Radiowellen die Qual der Wahl, es gibt für jedes Programm eine eigene App-Version. Aber alle haben das sehr beliebte Regenradar. Unfassbar nützlich, wenn ich irgendwo in Hessen mit meiner Familie unterwegs bin und Wolken am Horizont aufziehen!
Für die Kommunikation mit der Peer Group tut man gut daran, die Plattform der Peer Group zu nutzen. Also bleiben wir mal schön klassisch: Die hassgeliebte E-Mail dominiert dienstlich wie privat, Whatsapp und der Facebook Messenger sind das Mittel der Wahl bei kurzen, schnellen Kontakten. Entgegen anderslautenden Gerüchten klappt das übrigens auch noch mit Teenies, jedenfalls mit denen, die bei mir zu Hause wohnen und untereinander eher snapchatten. Zwei-, dreimal pro Woche nutze ich übrigens auch diese “Telefon-App” 😉
Den Google-Übersetzer brauche ich, um mit den neuseeländischen Trainern in unserem Rugby-Verein zu diskutieren oder um mein verschüttetes Schulrussisch aufzumöbeln, wenn ich bei Facebook gelegentlich PR-Postings aus dem Kreml studiere. Über die sozialen Netzwerke wird ja dieser Tage zu Recht viel geschimpft, aber Facebook und Twitter bieten bei gezielter Suche eine unschätzbare Vielfalt an Informationen, Unterhaltung, Diskussionen und vor allem an sehr unterschiedlichen Sichtweisen. Wer in seiner “Filterbubble” bleibt und sich nicht mehr mit Andersdenkenden auseinandersetzt, ist immer auch selbst dran schuld.
An die klassische Medienwelt ist mein Homescreen mit der App On Air fürs Fernsehprogramm und Teletext angedockt. Besonders Teletext ist ein Hammer, wenn man, wie ich selbst, für ein Videotext-Angebot verantwortlich ist: Ohne Probleme lassen sich damit Dutzende europäische Videotextdienste nutzen. Hört sich ein bisschen bescheuert an? Mehr Respekt gegenüber den Altvorderen, werte Onliner! Dieses Medium erreicht immer noch viele Millionen Menschen, und es lehrt uns jeden Tag, dass Konzentration auf das Wesentliche und einfachste Bedienkonzepte die Basis für digitalen Produkterfolg sind. Eigentlich genau wie bei Pokémon Go.