Mein größter Misserfolg – und was ich daraus gelernt habe (8): Jutta Sein.
30. April 2019
Jutta Sein bei ihrer Einschulung und Ende 2010, am Ende ihres Arbeitslebens. (Fotos: Privat / Vincenzo Mancuso)
Nicht auf den Mund gefallen: turi2-Leserin Jutta Sein legt sich als Kind mit den Nonnen in der Marienschule an und fliegt vom Gymnasium. Seitdem hat jeder Misserfolg sie stärker und selbstbewusster gemacht. Geworden ist auch etwas aus ihr: Zwei Jahrzehnte lang hat sie die Öffentlichkeitsarbeit der Automarke Subaru in Deutschland geleitet und genießt heute das Leben als Rentnerin. Aus welchem Misserfolg haben Sie gelernt? Ihre Geschichten an post@turi2.de.
Jutta Sein, von 1990 bis 2010 Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit und Prokuristin bei Subaru Deutschland, erzählt ihre Miss-Erfolgsgeschichte:
Kann gut sein, dass ich selbst der allergrößte Misserfolg für meinen Vater war, denn ich kam genau (!) neun Monate nach der Hochzeit auf die Welt. Damals kaufte man noch “die Katze im Sack”, also mit vorher ausprobieren war nix. Und so habe ich ihm wohl “die Tour vermasselt”…
Zeitlebens mochten wir uns nicht. Allerdings habe ich ein paar gute Sachen von ihm gelernt: 1.) Mich durchzusetzen, 2.) sein Sprachtalent und 3.) die Liebe zur klassischen Musik.
Nach vier Klassen Volksschule musste ich auf die Marienschule, weil da alle Frauen aus der Familie meiner Mutter waren. Damals konnte man schlechte Noten noch mit der Stiftung eines Kirchenfensters ausgleichen, aber zu meiner Zeit kostete es Schulgeld.
Tapfer ertrug ich die Häme meiner Schulkameraden: “Du bist ja was Besseres, gehst ja jetzt auf die höhere Schule.”
Gleich in der Sexta hatte ich schon zwei Einträge im Klassenbuch, die Höchststrafe auf einem Gymnasium. Mein Mädchenname war Lönnendonker. “Passen Sie bitte auf, dass Sie meinen Namen auch richtig schreiben.” Peng: Erster Eintrag.
Mein von Nonnen beaufsichtigtes Leben zog sich so dahin, bis zu jenem Tag, an dem mich unsere Erdkundelehrerin – Schwester Theresia – wieder mal feucht ansprach. Sie spuckte beim Reden. Und weil ich das wusste, habe ich mir in einem Eissalon einige Schirmchen besorgt, so Dinger, die man früher auf das Eis setzte.
Ich unterbrach also den Redefluss von Schwester Theresia und sagte nur: “Moment bitte” und spannte den kleinen Eisschirm auf. Unerhört, was sich diese Jutta schon wieder herausnimmt! “Das muss ich mir nicht gefallen lassen,” sprach’s und schleppte mich zur Schwester Oberin. Heiden-Trara, denn auch meine Eltern mussten antanzen.
“Wir können Ihre Tochter nicht länger hier auf der Schule lassen”, begrüßte uns Oberschwester Mathilda. Ich war doch erst in der U III, das heißt, dass ich noch ein halbes Jahr schulpflichtig war. Man versprach meinen Eltern, ich bekäme ein gutes Abschlusszeugnis. Aber so gut war das überhaupt nicht, denn keine andere Schule wollte mich mehr aufnehmen. Und so blieb nur ein Weg: Zurück in die Volksschule.
Was für eine Blamage! Die hatten mich doch dreieinhalb Jahre vorher so gehänselt… Es half nichts: Ich musste dieses Halbjahr absitzen. Kopf hoch, Krönchen richten und nach vorne schauen.
Es war meine erste große Herausforderung an das Leben, aber es blieb nicht die letzte. Bei jedem Misserfolg wurde ich stärker und selbstbewusster. Das hat sich bis heute nicht geändert. Als Berufsoptimist kann ich aus jeder Situation heraus immer das Positive erkennen und – was viel wichtiger ist – das Beste draus machen.