Berufe mit Zukunft: V wie Verlegerin – Katarzyna Mol-Wolf.
8. Juli 2019
Die Aufsteigerin:Katarzyna Mol-Wolf steht eigentlich auf dem Gipfel des Erfolgs. Vor zehn Jahren hat sie Gruner + Jahr die Zeitschrift “Emotion” abgekauft und daraus einen mittelständischen Verlag mit bald 10 Mio Euro Umsatz gemacht. Anfang 2019 wird ihr Weg mit der Auszeichnung “Medienfrau des Jahres” belohnt. Dass sie nichts davon hält, sich auf dem Gipfel auszuruhen, erklärt Mol-Wolf im Porträt von Markus Trantow in der turi2 edition #8. Im Erfolgs-Videofragebogen spricht die Verlegerin über die Rolle ihres Bauchgefühls bei wichtigen Entscheidungen.
Das Porträt über Verlegerin Katarzyna Mol-Wolf finden Sie auch in unserem kostenlosen E-Paper zur “turi2 edition #8” auf Seite 184.
Katarzyna Mol-Wolf hat viel gelernt im vergangenen Jahr. Das Wichtigste: Loslassen. Das, sagt sie, kann sie jetzt besser als früher. Der Weg dahin war schwer. Auch, weil Mol-Wolf vor gut zehn Jahren eine lebensverändernde Entscheidung trifft: Sie kauft Gruner + Jahr das Frauenmagazin “Emotion” ab und springt von der sicheren Verlags-Karriereleiter ab in die Selbstständigkeit. Gerade 35 Jahre ist sie da jung. Schon damals ist das Verlegen keine Lizenz zum Gelddrucken mehr.
Aber die “Emotion” liegt ihr am Herzen: Keine drei Jahre zuvor hat sie das Heft selbst erfunden. Nun steht es vor dem Aus, doch Mol-Wolf will ihr Baby nicht aufgeben. Sie findet Investoren und nimmt hohe Kredite auf, um den ersten Management-Buy-out in der Geschichte des Hamburger Großverlags durchzuziehen. Eine Dekade später steht die Selfmade-Verlegerin auf dem Gipfel, mag man meinen: Sie wird vom Marketing- Fachdienst “Horizont” zur “Medienfrau des Jahres” gekürt, ihr Verlag steuert auf einen Jahresumsatz von zehn Millionen Euro zu – und selbst im klassischen Anzeigengeschäft melden die inzwischen fünf Zeitschriften noch Zuwächse.
Aber die Frau mit der braunen Lockenmähne widerspricht dem Bild vom Gipfel – vielleicht, weil es von dort aus nur noch bergab geht. “Ich habe noch viel vor!” Das sagt sie nicht nur so. Sie meint es. Heute kämpft der kleine Verlag mit knapp 50 überwiegend weiblichen Mitarbeitern nicht mehr ums Überleben. Mol-Wolf beschreibt die Arbeit stattdessen als “ständige Transformation”. Es geht darum, dran zu bleiben. Auch sie selbst bleibt dran: Ehe er sich‘s versieht, ist der Besucher der Verlegerin per iPhone fotografiert und wird Teil ihrer täglichen Insta-Story. Abends, wenn sie die siebenjährige Tochter ins Bett gebracht hat, gehen die Fotos online. “Ich mach‘ das nicht, um mich selbst berühmt zu machen” – Mol-Wolf will lernen, wie das Bildernetzwerk funktioniert. Sie treibt die Frage, wie sich in den sozialen Medien Geld verdienen lässt. Angefangen von Kundenkampagnen bis zum Ausbau der Zielgruppe für die verlagseigenen Marken.
Denn Inspiring Network – so hat Mol-Wolf den Verlag hinter “Emotion” genannt – ist breit aufgestellt: Content- und Social-Media-Marketing, Werbevermarktung und Events gehören zum Portfolio. Mol-Wolf bestellt alle Felder, auf denen auch die Großverlage nach neuen Erträgen suchen. Der Unterschied: “Wir sind viel schlanker aufgestellt.” Kunden wie Generali oder Mercedes schätzen das.
“Wer will ich sein?”, diese Frage bestimmt das ganze Wirken der Katarzyna Mol-Wolf. Dass Kasia, wie Freunde sie nennen, keine Juristin sein will, merkt sie schon während des Studiums. Sie quält sich trotzdem durch, promoviert sogar. In der Verlagswelt fühlt sie sich deutlich wohler, erst bei Gruner + Jahr, nun als Verlegerin: “Das ist mein Traumjob”, sagt sie. Vielleicht, weil sie als Verlegerin auch Journalistin, Buchautorin und Podcasterin sein kann und damit ihre Mission vorantreibt: anderen Frauen bei der Selbstverwirklichung zu helfen. Dass Selbstverwirklichung wenig mit einem Leben nach dem Lustprinzip und viel mit harter Arbeit zu tun hat, zeigt ihr eigener Weg. “Ich bin schon ein wilder Typ”, sagt die 45-Jährige und träumt davon, ein halbes Jahr von New York aus zu arbeiten. Sie weiß aber auch: “Jetzt ist dafür nicht die Zeit.”
Trotzdem arbeitet Mol-Wolf inzwischen daran, dass der Laden auch ohne sie läuft: Die Chefredaktion ihrer “Emotion” hat sie abgegeben, als “Editorial Director” redet sie nur noch bei Themen mit, die ihr besonders wichtig sind. Ansonsten gilt: Die Verlagsmitarbeiter sollen im Fall der Fälle lieber um Verzeihung bitten als um Erlaubnis fragen.
Würde sie ihrer Tochter empfehlen, auch Verlegerin zu werden? “Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn meine Tochter den Verlag übernimmt”, dazu drängen würde sie ihren Spross aber nie. Sie soll die Frage “Wer will ich sein?” für sich allein beantworten. So wie eine frühere Anzeigen-Mitarbeiterin, der Mol-Wolf kürzlich nach vielen Jahren in einem Hamburger Restaurant wiederbegegnet ist: Sie arbeitet heute als Sommelière.
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