Peter Turi: Mein Medienjahr 2015.

 
Oder: Warum 2015 die Homepage stirbt und Portale schon Leichengeruch verbreiten. Und was das alles mit Ikea zu tun hat.

 

Pax 300Angefangen hat die ganze Scheiße und das Ende meiner Homepage mit Pax, dem Kleiderschrank von Ikea. Zwei davon hab ich im Mai 2014 in der Studentenbude meiner Tochter in München aufgebaut. Getrieben von männlicher Selbstüberschätzung und den Worten “Akku-Schrauber ist was für Mädchen”. Nicht ahnend, dass die Schrauberei mir einen entzündeten Schultermuskel und drei Wochen schmerzhaft schlaflose Nächte bringen würde. Und sieben Wochen Zwangspause in der Klinik wegen Schlaflosigkeit und “Arbeitssucht”.

 

Die sieben Wochen Auszeit haben mir Zeit gegeben, über unser Business nachzudenken. Über das, was an Homepages so nervt. Und über das, was wir den Lesern servieren sollten. In einem Notizbuch aus Papier habe ich notiert, was turi2.de “spätestens 2015” sein soll (Auszüge):
 
Notizen 300– etwas ganz anderes als der Newsletter heute2
– eine lebendige, link- und diskutierfreudige Seite
– prägnant und kurz, gerne bissig
– ein fairer Verteiler von Links
– extrem kollegial zu den verlinkten Medien
– eine Plattform für Medienaustausch
– Suchtstoff für Newsjunkies
– eine chronologische Seite, auf der immer was passiert
– eine Seite mit intelligenten Werbeformen
– gut vermarktet
– mit den besten Bildern (ohne Photoshop)

 

Die Auszeit hat mir Abstand vom Tagesgeschäft verschafft. Ich habe die Zeit genutzt, um festzuhalten, was mich an Homepages und Portalen so stört – und was turi2.de auf keinen Fall sein will:

 

– eine “Homepage” oder ein “Portal” mit dem Anspruch, das Eintrittstor zur Medienwelt zu sein
– eine vollgestopfte Startseite voller Marktgeschrei und sich vordrängender Werbung
– ein Schaufenster, in dem die Nachrichtenware von gestern dargeboten wird
– eine Seite, die Inhalte reproduziert und die Quelle nicht oder nur unauffällig verlinkt
– eine Seite, die normale Social-Media-Gespräche als “Shitstorm” oder “peinlich” verkauft
– eine Seite mit großformatigen, ladezeitintensiven, aber letztlich banalen Fotos
– ein Versender von “Blitz-” oder “Eil”-Meldungen, die um halb zehn verkünden, was nachts passiert ist
– eine Seite, die stinknormale Tipps oder Quotennews mit der Zeile “das müssen Sie wissen” verkauft
 
Die Zeiten, da irgendein Internet-Nutzer ein Verlagsangebot als Startseite genutzt hat, sind vorbei. Das Fenster in die Medienwelt ist heute der Startbildschirm des Smartphones – und da kommen Twitter- und Facebook-News, WhatsApp-Nachrichten und Mails weit vor dem Besuch irgend einer Website.

 

Das Leben für Nachrichtenjunkies ist also ein langer, ruhiger – manchmal auch unruhiger – Fluß. Ein Stream. Für Medienmacher ein Newsstream.

 
Genau das wollen wir bieten: einen unaufgeregten Strom von Nachrichten und Meinungen, die für Medienmacher relevant sind. Eine Plattform, die prägnant präsentiert und prominent verlinkt, was Sie interessieren könnte. Stellen Sie sich turi2.de deshalb eher als kuratiertes Branchen-Twittern vor denn als “Homepage” oder gar “Portal”.

 

Es ist kein Zufall, dass zwei Medienseiten, die auf das überkommene Portal-Konzept setzen, 2013/2014 verkauft wurden und in die roten Zahlen rutschten. Es sind Vorboten eines Wandels.

 

2015 wird das Jahr, in dem die Homepage stirbt und Portale schon Leichengeruch verbreiten. Weil niemand eine Homepage oder ein Portal braucht, das mit Geschrei auf sich aufmerksman machen will. Weil es einzig darauf ankommt, originäre Infos und einen nützlichen Service in den großen Strom des Wissens einzuspeisen.