Hagemann ist seit mehr als 30 Jahren Förster, seit zwölf Jahren arbeitet er im Frankenwald, im nördlichsten Zipfel Bayerns, an der Grenze zu Thüringen. Hier liegt oft dann noch Schnee, wenn es im Rest Deutschlands schon taut. Im Winter können sie oft tagelang nicht arbeiten, weil die steilen Forststraßen unbefahrbar sind. Peter Hagemann wohnt 30 Kilometer weiter südlich; wenn bei ihm zuhause morgens die Sonne scheint, ruft er manchmal den Revierförster vor Ort an und fragt nach dem Wetter, bevor er losfährt zum Dienst. Hagemann leitet den Forstbetrieb Rothenkirchen, der einen bedeutenden Teil des Frankenwaldes im staatlichen Besitz bewirtschaftet, fast 10.000 Hektar, so groß wie die Insel Sylt. Und sein größtes Problem mit diesem Wald ist: die Klimaerwärmung.
Der Wald braucht niemanden, der ihn rettet. Doch Hagemann will einen Wald erhalten, wie ihn Menschen wollen und brauchen
„In Wald-Dimensionen zu denken, heißt, in Jahrhunderten zu denken“, sagt Hagemann. Die Bäume, die sie heute im Frankenwald fällen, „ernten“ nennt es Hagemann, haben andere vor mehr als 100 Jahren gepflanzt. Wenn sie heute eine junge Fichte in die Erde setzen und sie alles übersteht, hungrige Rehe, die an ihren Trieben nagen, Hirsche, die das Geweih an ihr scheuern, Trockenheit, Starkregen, Stürme – dann könnten sie andere in 100 Jahren ernten. Aber: Dann wird es wärmer sein als jetzt, die Sommer werden trockener und die Stürme stärker sein. Wer hier und heute eine Pflanze in die Erde setzt, muss sich fragen: Wie stehen die Chancen, dass es sie in 100 Jahren noch gibt?
Heute ist die Luft eisig und die Hoffnung zartgrün. Bevor Hagemann eines der kleinen Bäumchen mit den noch weichen, hellen Nadeln aus dem Pflanzkasten nimmt, pustet er sich warmen Atem in die kalten Hände. Sobald der Boden auftaut, sollen sie in die Erde: junge Douglasien, eine Baumart aus den Rocky Mountains. In den alten Frankenwald, wo seit dem 18. Jahrhundert alles voller Fichten steht – vier von fünf Bäumen hier sind Fichten. Doch ihre Zukunftsprognose ist nicht gerade rosig…weiterlesen in der “turi edition”, Innovation