Berufe mit Zukunft: B wie Buchmacherin – Felicitas von Lovenberg.
29. Mai 2019
Bestseller-Betreuerin: Verlegen bedeutet im Grunde Glaube, Liebe, Hoffnung, meint Felicitas von Lovenberg, Chefin bei Piper. Warum manche Bücher Bestseller werden und andere nicht, weiß auch sie nicht immer. Für die turi2 edition #8 spricht sie mit Heike Reuther über haptische Büchervermarktung in digitalen Zeiten und ihre Sicht auf Erfolg.
Das Porträt über Buchmacherin Felicitas von Lovenberg finden Sie auch in unserem kostenlosen Blätter-PDF zur “turi2 edition #8” auf Seite 153.
Wer mit dem Namen Felicitas von Lovenberg durchs Leben geht, kann fast nicht anders, als erfolgreich zu sein. “Ich fühle mich vom Leben begünstigt und hatte oft mehr Glück als Verstand. Felicitas heißt im Lateinischen ‚die Glückliche‘, und das Love in meinem Nachnamen lautete ursprünglich einmal ‚Leuve‘, also Löwe”, begründet sie ihren Karriereweg. Aus von Lovenbergs erstem Berufswunsch wird allerdings erstmal nichts. Eine Schriftstellerin will das Einzelkind werden, denn es wächst in der Welt der Bücher auf: “Kinder schaffen sich ja gern imaginäre Freunde, ich hatte ganz viele davon.” Die kleine Felicitas schreibt unter Pseudonym und schenkt dem Vater mit neun Jahren ihren ersten Erzählband.
Später wird sie Journalistin und bringt es bis zur Feuilleton-Chefin der “FAZ”. Auch so kann Felicitas von Lovenberg der Kunst ihren Dienst erweisen. Seit 2016 führt sie die Geschäfte des Traditionsverlags Piper. Ihr Büro in einer schmucken Villa in München-Schwabing ähnelt einer Bibliothek; die Regale bis unter die Decke voll mit Büchern. Natürlich alles Titel aus dem Hause Piper und den Tochterunternehmen Malik, Pendo, Ivi und Berlin Verlag.
Von der Zeitung zum Buch – ist das ein Karrieresprung? Die Glückliche hält dagegen: “Ich arbeite nicht für den persönlichen Erfolg, sondern orientiere mich an Höherem.” Gemeint ist ihre tiefe Liebe zu Büchern und der Wunsch, das Glücksgefühl des Lesens mit anderen Menschen zu teilen.
Verlegertum ist kein Zuckerschlecken. Nach außen wirkt das Büchermachen wie ein langsamer Prozess. Wenn man aber bedenkt, dass der Piper Verlag 400 Neuerscheinungen in 365 Tagen herausbringt, lässt sich einschätzen, wie viel Druck auf von Lovenberg lastet. Schließlich muss zu jedem Titel mehr als eine Entscheidung fallen. Die Jungverlegerin kann das aber gut einschätzen: “Für mich gab es keine bessere Schule als das Tageszeitungsgeschäft, um mit Termindruck umzugehen.”
Und der Erfolgsdruck? Felicitas von Lovenberg macht sich keine Illusionen: “Verlegen bedeutet im Grunde Glaube, Liebe, Hoffnung.” Jedes Buch, von dem sie glaubt, dass es eine große Leserschaft erreichen kann und das hinter den Erwartungen zurückbleibt, ist für sie eine Niederlage. “Erklären Sie mal einem Autor, warum sich von seinem Werk nur 812 Exemplare verkaufen. Obwohl sie ihm vorher gesagt haben, es sei der Spitzentitel im Verlagsprogramm.” Für eine von Lovenberg noch lange kein Grund, aufzugeben. Sie lebt: fail, get up and make it better.
Warum manche Bücher Bestseller werden und andere nicht, bleibt auch ihr ein Rätsel. Es gibt vielleicht Indizien: das Cover zu blass, der Einstieg zu lang, der Zeitpunkt zu früh. Aber es bleibt beim Erklärungsversuch. Nur eins ist sicher: Was früher gut ankam, trägt heute nicht mehr. “Jeder Roman von Karl May beginnt mit hundert Seiten Landschaftsbeschreibung bar jeder Handlung. Dass so etwas Erfolg hat, wäre heute völlig undenkbar”, urteilt von Lovenberg. Das Tempo unserer Zeit macht nicht Halt vor dem Verlagsgeschäft. Eingefahrene Prozesse treffen auf die immer schneller drehenden Erwartungen des Marktes. Literaturkritiker und Rezensenten wollen Bücher früher denn je lesen, der Autor sein Manuskript immer später liefern. Felicitas von Lovenberg muss neue Schnittstellen definieren, damit die vielen Arbeitsschritte besser ineinandergreifen.
Und wie vermarktet man Bücher heute? Während andere sich gerade von der gedruckten Verlagsvorschau verabschieden, investiert Felicitas von Lovenberg für das Frühjahrsprogramm 2019 in einen knapp 150 Seiten starken Reader. Samt Leseproben, Interviews und Hintergrundberichten. Sie sagt: “Digital können wir uns nicht so viel merken. Inhalte mit etwas Haptischem vermischt bleiben besser im Gedächtnis.”
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