Jan Spielhagen ist der Chefkoch von Gruner + Jahr, der in allen Töpfen rührt und die pralle Esslust schon rein optisch verkörpert.
Ich sitze in meinem Büro am Schreibtisch.
Was machen Sie gerade?
Ich trinke einen Espresso, schon den dritten heute. Und mache eine Reiseabrechnung.
Und sonst so?
Ich bin froh, unser neuestes Projekt “Salon” ist ganz frisch im Handel. Wir haben es gerade den Kollegen im Haus vorgestellt.
“Chefkoch”, “Beef”, “Salon”. Es kommt uns vor, als seien Sie die Innovationsabteilung von Gruner + Jahr auf zwei Beinen.
Zwei Beine stimmt. Der Rest ist maßlos übertrieben, Herr Turi.
Aber drei neue Magazine in fünf Jahren – das liegt deutlich über dem normalen G+J-Output. Was ist Ihr Innovations-Rezept?
Man braucht gute Ideen. Kreative, leistungsbereite Kollegen. Und ausreichend Raum zum freien Denken.
Wenn es so einfach wäre. Haben Sie eine Erklärung dafür, dass die Deutschen niemals satt werden an Kochsendungen und Esszeitschriften?
Es geht ja nur vordergründig um die Sendungen und die Magazine. Wenn Sie ein bisschen tiefer schauen, geht es um viel mehr: Kochen und Essen sind hoch-emotionale Themen, sie können Heimat bedeuten und Glück, Wärme, Familie und Freundschaft. Zugespitzt könnte man sagen: Kochen ist Liebe. Und das Rezept in einer Food-Zeitschrift ist wie eine Umarmung.
Machen Sie denn noch ganz traditionell eine, beziehungsweise sechs, sieben Zeitschriften? Oder müssen Sie im “House of Content”, das Gruner + Jahr sein will, auch Kochtöpfe und Grillgeräte verkaufen?
Meine Aufgabe ist es, die Food-Titel von Gruner + Jahr sauber nebeneinander zu positionieren. Die Magazine sollen ihre jeweilige Zielgruppe so präzise wie möglich erreichen, ohne sich zu kannibalisieren. Das macht für die Leserinnen und Lesern die Freude an der Lektüre aus und hilft uns bei der Vermarktung. Mit Kochtöpfen beschäftige ich mich frühestens am Abend zuhause – dann aber mit großer Freude.
So, was kochen Sie denn? Was würden Sie auftischen, wenn ich Sie mit kritischem Gaumen besuche?
Ich würde eine vegetarische Vorspeise für Sie zubereiten, dann ein veganes Zwischengericht. Dann hätten wir einen geeigneten Rahmen, um über die perversen Auswüchse der Massentierhaltung zu sprechen. Und zum Abschluss würde ich Ihnen ein Porterhouse grillen, damit Sie nicht glauben, der Chefredakteur von “Beef” sei durchgedreht. Das Fleisch käme von einem befreundeten Wagyu-Züchter.
Klingt gut. Wenig Fleisch, und wenn, dann Gutes. Ich habe Sie kürzlich in der Kantine von Gruner + Jahr gesehen. Sie schauen so aus, als würden Sie an den Testgerichten nicht nur naschen, sondern sie ratzeputz aufessen. Gewinnt ein Zeitschriften-Chefkoch mit Bauch an Glaubwürdigkeit?
Na auf jeden Fall hat er dadurch mehr Gewicht!
Wieviel Übergewicht haben Sie denn? Kommt das vom Job?
Nein, vom Essen.
Könnten Sie sich auch vorstellen, “Fit for Fun”-Chefredakteur zu werden und zum Yoga zu gehen?
Na ja, ich habe ja acht Jahre bei Men’s Health und zwei Jahre als Chefredakteur von “Healthy Living” hinter mir, so ganz fremd sind mir die Gesundheitsthemen also nicht. Aber wenn ich wählen darf, dann bleibe ich beim Food. Ginge auch Wandern statt Yoga?
Meinetwegen. Haben Sie in Ihrer Versuchsküche noch was im Ofen?
Wir haben insgesamt elf Öfen in der Gruner+Jahr-Küche, und ich versichere Ihnen, in mehr als einem backt gerade eine gute Idee vor sich hin. Geben Sie mir noch ein bisschen Zeit, dann dürfen Sie kosten!