Funke-Chef Braun sieht 500-Mio-Investition in Springer-Magazine als Erfolg.
5. November 2016
Eine halbe Milliarde Euro für Zeitschriften – diese ungeheure Summe hat Manfred Braun 2014 als Geschäftsführer der Funke Mediengruppe bezahlt, um Springer-Zeitschriften wie “Bild der Frau”, “Hörzu” und “TV Digital” zu kaufen. Die 500 Mio Euro bestätigt Braun erstmals, im Interview mit der turi2 edition3 sagt er: “Es wird oft übersehen, dass die Transaktion in erster Linie ein Zeitschriften-Deal war”. Braun ist hoch zufrieden mit dem Deal: “Wir haben bereits sämtliche finanziellen Verpflichtungen gegenüber Springer abgelöst”, sagt Braun. Noch besser als die Zeitungen (“Hamburger Abendblatt”, “Berliner Morgenpost”) haben sich die Magazine entwickelt.
Braun ist überzeugt, dass Zeitschriften eine große Zukunft haben: “Die ‘Bild der Frau’ wird’s geben, solange es Frauen gibt, die etwas vorhaben”, sagt Braun. Auch Neuentwicklungen wie “TV für mich” hielten den Markt jung. “Nicht der Markt ist begrenzt, die handelnden Personen haben einfach nur begrenzte Vorstellungen.” Für 2026 prophezeit Braun “mehr Titel, höhere Copypreise – und immer noch zweistellige Renditen”. Allerdings würden die Zielgruppen und Auflagen “immer spezieller und kleiner”. Folge: “Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als tiefer statt breiter zu graben.”
Funke-Chef Braun spielt mit dem Gedanken, ein Wochenmagazin à la “stern” zu starten: “Ich träume von einem Magazin, das hohen Nachrichtenwert mit guter Unterhaltung verbindet. Das nicht belehrt, sondern erklärt. Das unterhaltsam bildet.” Braun betont: “Funke bringt alles dafür mit. Wir müssen es eigentlich nur noch machen.” Auch ein “historisches Magazin”, das “ohne akademisches Knarzen erzählt, woher wir kommen”, würde Braun gern machen. “Ach, ich habe viele Ideen für neue Zeitschriften”, sagt Braun im Interview mit der “turi2 edition” (hier direkt bestellen oder bei einem von 800 Kiosken kaufen).
Also großen Erfolg bei Funke sieht es Manfred Braun an, “dass sich die Macher von Zeitungen und Zeitschriften mittlerweile ohne Vorbehalten an einen Tisch setzen, um voneinander zu lernen”. Über viele Jahre habe es “große Berühungsängste” gegeben, die bei Funke aber “langsam abgebaut” würden. Funke stehe erst “am Anfang dieses Prozesses”, aber erwartet sich davon eine “große Innovationskraft”.
Info: Manfred Braun ist der Mann, der die Zeitschriften liebt – und zweistellige Renditen. Der ewige Optimist sieht im großen Interview mit der turi2 edition3 hohe Gewinne für Magazine auch im Jahr 2026. Die Funke-Gruppe (vormals WAZ-Gruppe) hat Ex-Bauer-Mann Braun nach eigener Aussage vom “regionalen Medienunternehmen zu einer nationalen Mediengruppe” gemacht. Unter den deutschen Zeitschriftenhäuser reklamiert Braun für Funke einen Top-3-Platz.
Herr Braun, im Juli 2013 haben Sie für 920 Mio. Euro Zeitungen und Zeitschriften gekauft, die Springer loswerden wollte. Sind Sie verrückt?
Ja, das muss ich wohl sein – ginge es nach der Meinung derjenigen, die das Geschäft damals ganz aufgeschreckt kommentiert haben. Damals waren insbesondere Medienjournalisten dem modischen Glauben erlegen, dass die Zukunft der Medien ausschließlich im Digitalen liege. Heute investiert selbst Peter Turi in Print – weil er Spaß daran hat und es sich auch noch rechnet.
Spaß stimmt. Ob es sich rechnet, werden wir sehen. Rechnet sich der Deal denn für Funke?
Für Funke läuft es mehr als zwei Jahre nach dem rechtlichen Abschluss des Kaufes ziemlich gut. Wir haben große Freude an unseren gut gemachten Regionalmedien, deren Zentralredaktion sich zu einer wichtigen publizistischen Stimme entwickelt hat. Wir lieben unsere Programm- und Frauenmedien. Und überdies verdienen wir mit all dem auch noch ganz ordentlich.
Jetzt frage ich mal provokant: Sind Sie auf dem Weg, den Verlag zu ruinieren? Funke hat sich hoch verschuldet, um ins rückläufige Printgeschäft zu investieren.
Ein bisschen mehr Originalität hätte ich Ihnen schon zugetraut, diese Frage ist mir so häufig gestellt worden, dass sie mich nicht mehr ansatzweise provozieren kann. Also noch mal für Sie: Wir haben uns mit dem Kauf starker Titel und Marken in eine ganz neue Liga katapultiert. Wir zählen nun zu den bedeutendsten Medienhäusern Deutschlands.
Aber der Preis ist hoch.
Dass so ein Sprung nicht gratis ist oder im Sonderangebot zu haben, versteht sich von selbst. Ohne Investitionen ist Wachstum kaum möglich – das zählt zum kleinen Manager-Einmaleins. Im Übrigen haben wir bereits sämtliche finanziellen Verpflichtungen abgelöst, die wir im Zusammenhang mit der Übernahme gegenüber der Axel Springer SE eingegangen sind. Wegen der niedrigen Zinsen deutlich schneller als geplant. Die Finanzierung der Mediengruppe ist langfristig gesichert. Sie sehen also: Unsere Rechnung geht auf.
Haben Sie eine Wette abgeschlossen, was schneller sinkt: die Umsätze oder die Kosten?
Sehen Sie, das ist genau die Form der Schwarzmalerei, die wir bei Funke längst hinter uns gelassen haben. Es geht überhaupt nicht darum, überall nur Kosten zu senken. Wir müssen wegkommen von dieser Zahlenschieberei. Es geht um unsere Produkte. Die müssen qualitativ so gut sein, dass unsere Leser sie jeden Tag, jede Woche, jeden Monat mit Freude lesen. Dann müssen wir uns weder um Umsätze noch um Kosten sorgen.
Aber Sie müssen sich doch darauf einstellen, dass überall die Printauflagen sinken.
Worauf es ankommt, ist die ständige Überarbeitung und Erneuerung unserer Produkte. Die tägliche Arbeit an unseren Titeln ist Voraussetzung für den verlegerischen Erfolg. Dazu benötigen wir detaillierte Marktkenntnis, denn die Veränderungen von Märkten und Lesegewohnheiten müssen sich in den Produkten widerspiegeln. Und wissen Sie was: Die ständige handwerkliche Arbeit an unseren Titeln bereitet mir deutlich mehr Freude als die Arbeit an Excel-Tabellen.
Die Frage ist, ob sich das Geschäft für Funke rechnen kann.
Sie lassen nicht locker, oder? Seien Sie unbesorgt, es rechnet sich. Sie können mir schon glauben, dass wir den Deal mit Springer sehr genau durchgerechnet haben.
Es ist doch unbestritten, dass zum Beispiel die Auflagen von Programmzeitschriften sinken. Wie lange gibt es „Hörzu“ und Co denn noch?
Bereits vor 20 Jahren wurde das Sterbeglöckchen für die Programmzeitschriften geläutet. Dafür sind sie noch ganz munter. Ich bin überzeugt davon, dass die Menschen noch lange Zeit auf gedruckte Programmzeitschriften nicht verzichten wollen. Und das gilt nicht nur für “Platzhirsche” wie „Hörzu“ oder „Gong“. Nur ein Beispiel von vielen ist unsere „TV für mich“. Eine echte Erfolgsgeschichte: 26 Mal in Folge haben wir uns seit ihrer Einführung über ein Auflagenplus gefreut. Die Abozahlen von „TV für mich“ steigen bis heute beständig.
Auch die „Bild der Frau“ wird ja nicht jünger. Sie altert und stirbt doch eines Tages mit ihren Leserinnen.
Ich wäre mit solchen Prophezeiungen sehr vorsichtig. „Bild der Frau“ wird nicht alt, sie wird höchstens reifer. Denn wir arbeiten beharrlich an und mit der Marke, frischen sie auf, ohne aber kurzatmig irgendwelchen Moden hinterher zu laufen. Ganz sicher, die „Bild der Frau“ wird’s geben so lange es Frauen gibt, die etwas vorhaben.
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Zeitschriften bei sinkenden Auflagen profitabel bleiben?
Damit der Auflagenverlust überhaupt im Rahmen bleibt, arbeiten wir – wie gesagt – beständig an der Weiterentwicklung unserer Produkte. Und wir entwickeln permanent neue Produkte. Stillstand hieße Untergang. Das gilt auch für die Verlagsstrukturen: Während die Frauenzeitschriften in Ismaning schon lange sehr eng zusammenarbeiten, haben wir vor einiger Zeit auch die Strukturen bei den Programmies durch eine Zentrale Programmredaktion neu aufgestellt. Die Redaktion produziert im Monat mehr als 2.300 Programmseiten sowie mehr als 1.300 Tipps und Film-Rezensionen. Übrigens nicht nur für die Zeitschriften, sondern auch für unsere Tageszeitungen.
Sie gelten als Mann, der die Zeitschriften liebt. Wieviel der 920 Mio Euro waren denn für die Zeitschriften „Hörzu“, „TV Digital“, „Bild der Frau“ und Co?
In der Tat wird häufig übersehen, dass die Transaktion in erster Linie ein Zeitschriften-Deal war. Der größere Teil der Summe floß in die Zeitschriften.
Oha. Das heißt, Sie haben rund eine halbe Milliarde Euro für Zeitschriften gezahlt, die ihren Zenit überschritten haben. Sie sind wahrhaft ein Mann, der die Zeitschriften liebt.
„Zenit“ ist keine betriebswirtschaftliche Kategorie. „Liebe“ übrigens auch nicht. Was zählt, sind Renditen und inhaltliche Qualität – und dafür haben wir einen aus unserer Sicht akzeptablen Preis gezahlt.
Mit dem Deal haben Sie die Funke-Gruppe stark verändert. Aus dem früheren Zeitungshaus WAZ-Gruppe ist die Nummer 4 im Zeitschriftenmarkt geworden. Wie haben Sie Ihre Gesellschafter dazu gekriegt, an Ihr Konzept zu glauben?
Nummer 4? An welchen Kriterien machen Sie das fest? Ich denke, wenn Sie gängige Kriterien wie Umsatz, Ertrag, Auflage und so weiter nähmen, rückten wir weiter nach oben. Aber die Platzierung ist ja letztlich unerheblich. Wichtig ist, dass wir uns durch den Deal von einem regionalen Medienunternehmen zu einer nationalen Mediengruppe entwickelt haben. Und das war sinnvoll, um die Zukunft unseres Verlages zu sichern.
Was haben Sie bei den übernommenen Zeitschriften geändert?
Gar nicht viel. Radikale Änderungen wären auch nicht klug gewesen. Denn jeder Titel hat eine charakteristische DNA, die ihn erfolgreich macht. Wir haben die Zeitschriften in unser Netzwerk eingewebt und unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit auf den Weg gebracht. Und natürlich überprüfen wir die übernommenen Zeitschriften wie alle unsere Titel ständig auf ihre Marktrelevanz.
Was haben Sie noch vor an Änderungen?
Es geht bei Zeitschriften weniger um große Änderungen als um ständige Anpassung. Wir müssen permanent überprüfen, ob die Titel für unsere Leserinnen und Leser noch von Interesse sind und entsprechend kontinuierlich nachjustieren und feinschleifen. Das tun wir sehr systematisch. Erfolgreiche Zeitschriftenverlage setzen eher auf Evolution als auf Revolution.
Können Zeitungen von Zeitschriften lernen?
Oh ja, eine ganze Menge. Zeitungsmacher denken vor allem in News und Storys. Zeitschriftenleute denken in Konzepten: Optik, Text, Gestaltung. Wenn die Zeitungen sich nur ein bisschen für die Erkenntnis öffnen würden, dass seriöse Berichterstattung nicht unbedingt akademisch-langweilig sein muss, sondern durch eine zielgruppengerechte Gestaltung das Interesse – und zwar im ursprünglichen Sinne von „dazwischen sein“ – der Leser geweckt werden kann, dann wäre viel gewonnen. Wir arbeiten bei Funke genau daran. Und ich habe den Eindruck, dass wir schon eine ganze Menge erreicht haben.
Sind Sie sicher, dass Sie beim Kauf von „Hörzu“, „TV Digital“ und „Bild der Frau“ nicht von nostalgischen Gefühlen getrieben waren? Sie waren jahrzehntelang bei Bauer der Mann für die harte Arbeit am Objekt.
Nostalgie ist erst einmal nichts Schlimmes, so lange sie nicht den Blick auf Gegenwart und Zukunft verstellt. Und Nostalgie ist mir immer noch lieber als die frustrierte Melancholie mancher Medienjournalisten.
Da fühl’ ich mich nicht angesprochen.
Man darf Nostalgie auch nicht mit Erfahrungsschatz verwechseln. Manche mögen das, was man durch die viele Arbeit am Objekt erlebt hat und was man an der einen oder anderen Stelle zu Bedenken gibt, als sentimentale Sehnsüchte abtun. Ich fand es immer sehr hilfreich, wenn ich auf Erfahrungen anderer zurückgreifen durfte.
Welche eigenen Erfahrungen haben Sie geprägt?
Wenn ich irgendetwas gelernt habe in all den Jahren, dann das: Veränderung ist die einzige Konstante. Darum geht es: Ständige Arbeit am Produkt. Neugierig sein, mit offenen Augen durch die Welt gehen, Eindrücke aufsaugen und in Produkte übersetzen. In Alternativen denken. Handwerkliche Fähigkeiten brauchen Sie auch. Und ohne die notwendige Portion Demut ist alles nichts – Demut lernt man als guter Zeitschriftenmanager aber ganz schnell.
Was war anders, als Sie 1971 bei Bauer begannen?
Damals gab es sechs Programmzeitschriften – und man dachte, der Markt sei gesättigt. Bei den Frauenzeitschriften war der Blick ähnlich eng: Unvorstellbar, dass etwas anderes als unterhaltende, monatlich erscheinende Magazine erfolgreich sein könnte! Wenn ich die vergangenen 40 Jahre Revue passieren lasse, wird mir einmal mehr klar: Nicht der Markt ist begrenzt, die handelnden Personen haben einfach nur begrenzte Vorstellungen.
Was bedeuten Ihnen Zeitschriften?
Es gibt kaum etwas spannenderes als die Arbeit mit Zeitschriften. Weil sie der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Ich finde es aufregend und ungemein lehrreich, Veränderungen in unserer Gemeinschaft daran abzulesen. Das gilt übrigens gar nicht mal in erster Linie für Politisches. Das Bunte ist häufig viel aussagekräftiger. Schauen Sie sich beispielsweise die „Hörzu“-Titel des vergangenen halben Jahrhunderts an: Hier bildet sich deutsche Gesellschafts- und Kulturgeschichte ab. Oder nehmen Sie den Erfolg der vielen Land-Zeitschriften und Mindstyle-Magazine in den vergangenen Jahren. Das sagt sehr viel über das “mental furniture” in unserem Land aus. Wichtig ist, dass wir Zeitschriftenmacher unsere Antennen für Strömungen und Entwicklungen höchst sensibel eingestellt haben und die empfangenen Signale dann in erfolgreiche Konzepte übersetzen.
Was ist so spannend an der harten Arbeit mit Auflagen, Anzeigen und Aufmachern?
Wenn es gelingt, alles unter einen Hut zu kriegen, ist man glücklich. Gute Geschichten verkaufen sich, lassen die Auflage steigen und machen das Produkt interessant für Anzeigenkunden. Großartig, wenn das klappt.
Ist die hohe Kunst des Zeitschriftenmachens die Neugründung?
Ach, wissen Sie: Wir gründen ja gewissermaßen jede Woche neue Titel. Anders als Zahnpasta, die ja nur alle paar Jahre überarbeitet wird, muss eine Zeitschrift an jedem Erscheinungstag wieder neu am Kiosk überzeugen. Aber natürlich macht die Neuentwicklung eines neuen Heftes großen Spaß, für mich gibt es kaum etwas Interessanteres. Jetzt ist das lange nicht mehr meine Aufgabe bei Funke, aber ich erlebe die Entwicklungsprozesse im Haus natürlich hautnah mit. Das ist schon aufregend. Als hohe Kunst möchte ich das trotzdem nicht bezeichnen. Das klingt so abgehoben. Es ist vielmehr ein solides Handwerk, das zusammen mit einer feinen Spürnase für Marktpotentiale zum Erfolg führen kann.
Nicht alle Neuentwicklungen kommen auf den Markt. Wo hat es Ihnen besonders leidgetan, dass eine Nullnummer nie in Serie ging?
Ich habe zwei Anläufe genommen, um ein unterhaltendes Nachrichtenmagazin auf den Markt zu bringen. Zumindest eines von beiden hätte ich gerne verwirklicht.
Sie reden von „Ergo“/“Feuer“, der teuersten nie eingeführten Zeitschrift aller Zeiten? Warum hat Bauer den Titel nie gebracht?
Das Konzept war wirtschaftlich und inhaltlich nicht tragfähig, ein Partner ist kurzfristig abgesprungen. Es war richtig, die Zeitschrift nicht erscheinen zu lassen.
Wie schwierig ist die Markenführung und Verjüngung etablierter Titel?
Das Markenkapital von Titeln wie „Hörzu“ und „Bild der Frau“ oder auch „Frau im Spiegel“ ist enorm, das können sie nicht mal eben so an jeder Ecke aufbauen. Die Diversifikation dieser und anderer etablierter Titel ist wichtig, um bei großen, starken und auch tradierten Marken mit Sonderheften und Nebenprodukten, aber auch digitalen Markenerweiterungen die Markenbindung und Markentreue zu fördern. Dennoch, das allein reicht nicht aus, um zu bestehen – und es wäre auch schade um die Lust am Neuen, würden wir uns nur mit dem Bestand beschäftigen.
Was ist für Sie die spannendste Entwicklung der letzten Jahre?
Auf den Funke-Kosmos bezogen: Dass sich die Macher von Zeitungen und Zeitschriften mittlerweile ohne Vorbehalte an einen Tisch setzen, um voneinander zu lernen. Zeitungen und Magazine – über viele Jahre gab es große Berührungsängste, die aber nun langsam abgebaut sind. Wir stehen zwar noch am Anfang dieses Prozesses, doch diese Zusammenarbeit ermöglicht es uns, große Innovationskraft zu entfalten.
Was war Ihr größter Erfolg in 40 Zeitschriften-Jahren?
Gar nicht einfach zu beatworten: Betriebswirtschaft war „TV14“ ein schöner Erfolg. Journalistisch „TV Movie“. Aber auch „Herzstück“, unser Mindstyle-Magazin, macht großen Spaß.
Was war Ihr größter Flop?
Was genau verstehen Sie unter „Flop“? Legen Sie ein wirtschaftliche oder eine inhaltliche Definition zugrunde? Das muss man erstmal für sich selbst bestimmen – und dann kann man seine Lehren ziehen. Wirtschaftlich betrachtet war mein größter Flop wohl „TV pur“, eine Programmzeitschrift für Intellektuelle. Inhaltlich habe ich viel daraus gelernt. Ich habe übrigens auch mal eine Programmzeitschrift für Spanien entwickelt. Die konnte gar nicht funktionieren, weil die Fernseher dort rund um die Uhr laufen. Man muss eben den Markt und die Leser sehr genau kennen. Auch das lernt man aus einem Flop.
Wer ist Ihr Vorbild als Zeitschriftenmacher?
Kein Frage: Konrad Wiederholz, der den halben Erdball mit Zeitschriften erobert hat. Und natürlich Axel Ganz, der ganz neue Produktgattungen entwickelt hat.
Wie erklären Sie, dass bei sinkenden Anzeigen- und Zeitbudgets immer mehr Zeitschriften am Kiosk erscheinen?
Die Zielgruppen werden immer spezieller und kleiner. Deshalb gibt es immer mehr Titel mit kleineren Auflagen. Der Grund dafür liegt in der zunehmenden Segmentierung der Gesellschaft; die verbindende Klammer wird immer schwächer, wenn es sie denn überhaupt noch gibt. Es bleibt uns also gar nichts anderes übrig als tiefer statt breiter zu graben.
Also liegt die Zukunft der Zeitschrift in der Nische?
Der „Cicero“-Chefredakteur Christoph Schwennicke hat gerade sehr schön bemerkt, dass er in Nischen eher Wollmäuse vermutet als Qualität. Er schlägt vor, von „Kleinoden, Preziosen oder Manufakturerzeugnissen“ zu sprechen. Das klingt vielleicht ein bisschen geschraubt, aber im Kern stimmt es. Die Zukunft liegt in der genauen Kenntnis der Zielgruppen und in dem Fertigen von Produkten, die die Bedürfnisse der Leserinnen und Leser genau bedienen.
Wo steht der deutsche Zeitschriftenmarkt in zehn Jahren?
Es wird mehr Titel geben, höhere Copypreise – und immer noch zweistellige Renditen.
Was wird boomen?
Nach wie vor der Frauenmarkt. Für Männer werden Magazine zu einzelnen Sachthemen erfolgreich sein. Generalistisch ausgerichtete Männermagazine funktionieren nicht, was viel über unser Geschlecht sagt.
Was wird verschwinden?
Alle Zeitschriften, die ihre Zielgruppe nicht bedienen und sie deshalb verlieren.
Stimmt meine These, dass Zeitschriften mehr Zukunft haben als Tageszeitungen? Schnelle Information lässt sich nunmal digital besser vertreiben.
Diese These stimmt nicht. Neuste Forschungen zeigen, dass regionale und lokale Inhalte immer wichtiger werden. Hier liegt die Zukunft der Tageszeitungen. Sie werden sich allerdings verändern: Unterhaltung wird zum Beispiel einen größere Rolle spielen. Der ganze Stil wird weniger staatstragend, weniger belehrend sein.
Welche Zeitschrift würden Sie gern noch machen?
Ich träume von einem Magazin, das hohen Nachrichtenwert mit guter Unterhaltung verbindet. Dass nicht belehrt, sondern erklärt. Das komplexe Sachverhalte “übersetzt” und Platz bietet für wunderbar menschelnde Geschichten genauso wie für aufklärerische Stücke. Dass unterhaltsam bildet. Funke bringt alles dafür mit. Wir müssen es eigentlich nur noch machen.
Prima. Und wann kommt das Braun-Magazin an den Kiosk?
Warten Sie’s ab. Aber vielleicht ziehe ich einen anderen Traum vor: ein historisches Magazin, das lebendig und ganz ohne akademisches Knarzen erzählt, woher wir kommen. Oder, oder. Ach, ich habe viele Ideen für neue Zeitschriften.