turi2 edition #20: Die 22 Verliererinnen des Jahres 2022.
29. Dezember 2022
Von Amazon bis Gerhard Schröder: Das Jahr 2022 war ein Paradies für Negativ-Schlagzeilen. In der turi2 edition #20 blicken wir noch einmal auf die Fehltritte von Patricia Schlesinger, Fynn Kliemann und Co und erinnern an Köpfe wie Rainer Beaujean und Ulrike Handel, die ihren Hut nehmen mussten. Auch die Endlos-Debatten um Twitter, Documenta und den Party-Song “Layla” dürfen in unserer Liste nicht fehlen.
Amazon:
Alexa, mach das Licht aus! Gadgets wie der smarte Lautsprecher Echo sind gefloppt. Also streicht der Online-Händler weltweit rund 10.000 von 1,5 Millionen Stellen. Es ist der größte Stellenabbau der Firmengeschichte.
Balenciaga:
Die Lieblingsmarke von Influencerinnen wirbt mit Fotos, die auf Kindesmissbrauch anspielen. Erst beschuldigt das Label Agentur und Fotografen, dann entschuldigt es sich via Insta doch. Der Imageschaden ist da längst passiert.
Rainer Beaujean:
Der ProSiebenSat.1-Chef wird im Oktober überraschend abgesägt. Grund sind offenbar die bescheidenen Zahlen: Der Aktienkurs der Sendergruppe halbiert sich 2022. Der ehemalige RTL-CEO Bert Habets rückt an Beaujeans Stelle.
Bitcoin:
Der Hype ist vorerst rum. Digitale Währungen haben 2022 an Wert, Bedeutung und Ansehen verloren, die drittgrößte Börse FTX ist pleite. Auf staatliche Rettungsschirme können die Crypto-Dudes und Zentralbank-Antis lange warten.
DB Mobil:
Der ICE-Schmöker hat Journalistinnen wie Thilo Mischke und Salwa Houmsi zeitweise auf die PR-Schiene gezogen. Jetzt stellen Papierpreise und Anzeigen-Flaute die Printausgabe aufs Abstellgleis – digital soll sie werbefrei fahren.
Documenta:
Antisemitismus überschattet bei der Kunstausstellung in Kassel alles. Das Feuilleton debattiert seitenweise, Kulturstaatsministerin Claudia Rothschaltet sich ein. Die Eskalationsspirale endet im Rücktritt der Generaldirektorin.
Fußball:
Die Winter-WM in der Wüste tritt Menschenrechte und Klimakrise mit Füßen. Die deutschen Männer fliegen in der Vorrunde raus. Oliver Bierhoff verlässt den DFB. Bei der DFL geht Chefin Donata Hopfen. Im Fußball ist 2022 der Wurm drin.
Gruner + Jahr:
Wehmut am Baumwall: Nach der Fusion mit RTL verlassen reihenweise bekannte Köpfe wie Oliver Radtke und Stephan Schäfer den früheren Vorzeigeverlag. Viele G+J-Magazine überleben die Hochzeit wohl nicht.
Ulrike Handel:
Springers News-Vorständin löst mit der Idee, die Redaktionen von “Bild” und “Welt” zu fusionieren, intern Unruhe aus – und muss schon nach wenigen Monaten wieder gehen. Die Blätter werden wieder Chefsache von Mathias Döpfner.
Fynn Kliemann:
Das Kliemannsland scheint abgebrannt: Der Poster-Boy der Hipster-Welt verhakt sich in dubiosen Masken-Deals. Geschäftspartner, Freunde und der gute Ruf sind dahin, der YouTuber
verschwindet von der Bildfläche.
Christine Lambrecht:
Die Verteidigungsministerin gerät wegen eines Insta-Fotos ihres Sohnes im Bundeswehr-Heli in Bedrängnis. Sie bekommt eine gerichtliche Schelte, er eine Standpauke von Mutti in Sachen Social-Media-Kompetenz.
Masken:
Im Supermarkt trägt sie kaum noch wer, selbst im ÖPNV löst sich die Corona-Umsicht langsam in Luft auf. Vielleicht feiert das Pandemie-Accessoire Nummer 1 mit der nächsten Grippewelle ein Comeback.
Meta:
Das Metaverse bleibt vorerst eine knallige Vision von Mark Zuckerberg. Die graue Realität bei Facebook sind schrumpfende Anzeigenumsätze und 11.000 Mitarbeitende, die ihren Arbeitsplatz räumen müssen.
Elon Musk:
Mit seinem erratischen Handeln bei Neuzukauf Twitter treibt Elon Musk Fans und Mitarbeitende in den Wahnsinn. Der Erfolg ist dem mutmaßlichen Tech-Guru auch bei Tesla aus dem Fokus gerutscht, der Aktienkurs schwankt.
Pen:
Erst macht Präsident Deniz Yücel den Abgang bei der Schriftstellervereinigung, dann tritt das gesamte Präsidium der “Bratwurstbude” zurück. Die Abtrünnigen gründen den Pen Berlin. Die Doppel-Existenz stiftet Verwirrung.
Richard David Precht:
Der TV-Philosoph kritisiert die angebliche Selbst-Gleichschaltung der Medien, überspitzt ordentlich, wird angegriffen, rudert zurück und verliert dabei die sonst so demonstrativ gepflegte Souveränität.
Ritter Sport:
Quadratisch, praktisch, gut für Putin? Der Schoko-Produzent irritiert mit der Entscheidung, die Produktion in Russland am Laufen zu halten. Nach einem Shitstorm spendet die Firma hastig den Gewinn aus dem Russland-Geschäft.
Patricia Schlesinger:
Genießt als RBB-Intendantin Boni und feine Abendessen auf Spesen-Rechnung, bis der Business Insider mit Recherchen um die Ecke kommt. Das Vertrauen im Sender ist dahin, mit ihr müssen viele Weggefährtinnen gehen.
Gerhard Schröder:
Durch sein stures Festhalten an der Männerfreundschaft mit Wladimir Putin verliert Gerhard Schröder die letzten Reste seiner Reputation als Altkanzler. Freunde und Weggefährten distanzieren sich, es wird einsam um Schröder.
Liz Truss:
Das einzige, was die britische Ex-Premier in ihrer 45-tägigen Amtszeit schafft, ist, die letzte Regierungschefin unter der Queen zu sein. Am Ende verliert sie sogar gegen einen Eisbergsalat, der besseres Durchhaltevermögen zeigt.
Weight Watchers:
Die Abnehm-Bude blamiert sich mit einer Tinder-Kampagne, bei der Fotograf Paul Ripke Frauen empfiehlt, sich bei WW anzumelden. Für ihr Punkte-Geschäftsmodell ist in der neuen Body-Positivity-Welt offenbar kein Platz.
Z:
Durch Russlands Kriegspropaganda wird der Buchstabe zum geächtetsten des Alphabets. Länder wie Berlin oder Bayern verbieten das Symbol, auf Militär-Fahrzeugen in der Ukraine wird es zur tödlichen Zielscheibe.