turi2 edition #20: Wie viel Vielfalt kann sich die Buchbranche leisten, Mariam En Nazer?
23. Februar 2023
Gutenberg 2.0: Wir müssen das Büchermachen radikal neu denken, schreibt Mariam En Nazer in ihrem Gastbeitrag in der turi2 edition #20. Die Production and Sustainability Managerin bei Penguin Random House weiß, dass Papier und Druck große Mengen an Energie und Ressourcen fressen. Komplett auf E-Book umstellen ist für sie aber auch keine Lösung.
Von Mariam En Nazer
Das Buch ist ein Jahrhunderte altes Medium. Wir haben es geschafft, seinen Kern, das Speichern und Vermitteln von Geschichten und Informationen, an das Heute anzupassen. Nie gab es mehr Möglichkeiten, Inhalte konsumierbar zu machen: Wir können die vielen unterschiedlichen Romane, Ratgeber, Sach- und Bilderbücher wie zu Gutenbergs Zeiten drucken, farbig gestalten, mit Goldschnitt versehen, mit Lesebändchen schmücken, auf Papier drucken aus Holz, aber auch aus Gras oder Apfelresten. Und wir können sie genauso gut auf einem Display lesen, über Kopfhörer hören oder als App verpacken. Die Formenvielfalt war nie größer.
Wie aber sieht es in Zukunft aus? Papierherstellung, Druck, Veredelung und Logistik verbrauchen große Mengen an Energie und Ressourcen. Ressourcen eines Planeten, der unter Luftverschmutzung und CO2-Ausstoß ächzt, dessen Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten. Was können wir also tun, wenn wir auch in Zukunft viele verschiedene Bücher für unterschiedliche Bedürfnisse verlegen wollen? Ausschließlich E-Books produzieren und lesen? Oder wäre die Rettung gar ein völliger Verzicht auf Geschichten?
Natürlich nicht! Aber wir müssen das Büchermachen radikal neu denken. Wir müssen es weiterentwickeln und an neue Gegebenheiten anpassen. Das haben wir über Jahrhunderte gelernt. Durch Krieg und Pandemie kämpfen wir heute mit explodierenden Energiekosten, schwindelerregenden Preissteigerungen beim Papier und mangelnden Verfügbarkeiten bei nahezu allen Materialien. Wir haben aber auch Lösungsansätze – nutzen wir sie!
Schon jetzt können wir unsere Auflagen sehr genau auf die Bedürfnisse im Markt hin planen und damit die Zahl der Bücher, die für die Tonne produziert werden, minimieren. Der Verzicht auf umweltschädliche Veredelungen muss nicht bedeuten, dass Bücher nicht mehr gekauft werden. Laufend kommen neue umweltfreundliche Materialien auf den Markt und zum Einsatz. Gleichzeitig gibt es E-Book-Reader, die eine echte Alternative zum klassischen Buch sind.
Die Buchbranche ist innovativ und wandlungsfähig. Sie ist voller junger, kluger Menschen, denen ich mich verpflichtet fühle. Sie kann nicht nur, die Buchbranche muss sich Vielfalt leisten.
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