turi2 edition #20: Wie verliere ich mein Ziel in schweren Zeiten nicht aus den Augen, Stephanie Kächele?
9. Januar 2023
Wiederaufsteigerin: Kurz nachdem Stephanie Kächele ihren Job als Business Controller bei Bosch antritt, verletzt sie sich bei einem Unfall schwer. Schmerzen und Zweifel drohen, sie aus der Bahn zu werfen: “Was, wenn ich nie mehr die Alte werde?”, schreibt sie in ihrem Gastbeitrag in der turi2 edition #20. Der Weg zurück zum Gipfel gelingt ihr nicht nur sprichwörtlich, sondern buchstäblich. Heute ist sie Wanderführerin beim Deutschen Alpenverein.
Von Stephanie Kächele
Freude über jeden noch so kleinen Fortschritt: Das war mein Erfolgsrezept auf dem Weg zurück in mein aktives Leben – nachdem ich mir die Wirbelsäule bei einem Sportunfall gebrochen hatte. Ich musste mehrmals operiert werden, konnte anfangs nicht einmal alleine stehen oder ein Glas Wasser halten.
Ich hatte gerade bei Bosch im Controlling meine erste feste Arbeitsstelle angetreten, wollte durchstarten, mich beweisen. Als leidenschaftliche Bergsteigerin war mein Traum der Kilimandscharo. All das wollte ich nach meinem Unfall nicht aufgeben.
Also konzentrierte ich mich auf die ersten Erfolge. Der erste Spaziergang mehrere Wochen nach dem Unfall, normalerweise eine Strecke von wenigen Minuten, dauerte eine halbe Stunde. Doch ich schaffte ihn ohne Hilfe.
Natürlich hatte ich Zweifel: Was, wenn ich nie mehr die Alte werde? Mir hat geholfen, mir Ziele zu setzen. Abwarten, dass es von allein besser wird, hat noch niemanden weitergebracht.
Die Wiedereingliederung in den Job klappte nicht so schnell wie gehofft: Mein Rücken machte nicht mit. Ein Rückschlag. Bosch hat mir Zeit gegeben: meine Stelle über ein Jahr freigehalten, die Rückkehr in kleinen Stufen gestaltet. Mir wurde klar: Pläne sind wichtig, aber es hilft, flexibel zu bleiben, sich auf die neue Situation einzulassen.
Stephanie Kächele bietet heute geführte Wanderungen für Menschen mit Rückenproblemen an
Nach dem beruflichen Wiedereinstieg brauchte ich neue Ziele. Ich startete eine Ausbildung als Wanderleiterin, eine Belastung für den Rücken. Aufgeben war keine Option. Ich bestand die Prüfung. Meine Grenzen auszutesten, hat mich zum Erfolg geführt.
Heute helfe ich anderen bei Rückenproblemen, biete geführte Wanderungen mit Übungen für den Rücken an, bei Bosch und dem Deutschen Alpenverein. Die Folgen des Unfalls werden mich immer begleiten. Aber ich konzentriere mich auf das, was ich schaffen kann – nicht auf das, was nicht mehr geht. So habe ich schließlich erreicht, wovon ich zwischenzeitlich nicht mehr zu träumen gewagt hatte: Ich habe den Gipfel des Kilimandscharo bestiegen.
Fotos: privat
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