turi2 edition #22: Warum verkauft sich das TV-Programm mit blonder Frau auf dem Titel noch immer, Philipp Schulze?
1. Oktober 2023
Blondinen bevorzugt: “Menschen suchen auch in Programmzeitschriften nach Verlässlichkeit”, schreibt Philipp Schulze, Editorial Director für die TV-Titel von Bauer, im Gastbeitrag für die turi2 edition #22. Wenn eine blonde Frau auf dem Cover sich am besten verkauft, “dann tragen wir dieser Tatsache Rechnung”. Dennoch müssten auch TV-Zeitschriften sich weiterentwickeln – Männer haben als Covermodels aber schlechte Karten.
Von Philipp Schulze
Warum schreibt “Barbie” aktuell Kinogeschichte? Weil Greta Gerwig in ihrem Film mit einem stereotypen Frauenbild spielt (und aufräumt). Gleichzeitig spricht der Film auch gerade wegen dieser Stereotype so viele Menschen an. Ich bin froh, dass der Film dazu beiträgt, Schönheitsideale und Geschlechterrollen im Allgemeinen zu hinterfragen.
Aber zurück zur Frage: TV-Zeitschriften sind nicht gleich TV-Zeitschriften. Als ich aufgewachsen bin, war es in der Tat so, dass sich die Programmzeitschriften kaum voneinander unterschieden haben. Jeder hat vom anderen abgekupfert und kaum Risiken gewagt. Da hat man sich schon öfter mal am Kiosk vergriffen, weil die Cover-Heldinnen alle gleich aussahen. Das hat sich zum Glück geändert. Bei “TV Movie” etwa heben wir alle Haarfarben auf das Cover – mit Erfolg.
Gleichzeitig wollen Programmzeitschriften so viele Menschen wie möglich ansprechen. Denn: TV-Magazine sind Mainstream! Und wenn sich auf einer erfolgreichen Zeitschrift wie “tv14” – rund 3,7 Millionen lesen das Heft – eine blonde Frau am besten verkauft, dann tragen wir dieser Tatsache Rechnung. Was aber nicht heißt, dass wir bei “tv14” nicht andere Covermodels im Markt testen.
Philipp Schulze ist bei Bauer Editorial Director für “tv14”, “TV Movie”, “tv Hören & Sehen”, “Happinez” und “Welt der Wunder”.
Leider funktionieren Männer auf dem Cover nach wie vor nicht. Nicht mal, wenn sie blond sind. Selbst Stars wie Daniel Craig nicht. Was mich als James-Bond-Fan natürlich wurmt. Menschen suchen auch in Programmzeitschriften nach Verlässlichkeit, Veränderungen lassen sich nur schwer über Nacht umsetzen.
Aber klar, auch TV-Zeitschriften müssen sich weiterentwickeln. Sowohl auf dem Cover als auch inhaltlich. Das sehen wir im Bereich Streaming.
Eigentlich ist der Streaming-Boom nichts anderes als der Hype um das Privatfernsehen damals: Plötzlich waren unzählige neue Sender da, deren (Über-)Angebot viele überfordert hat. Die 14-tägigen TV-Hefte haben genau das Anfang der 1990er Jahre erkannt, aufgegriffen und für Ordnung im Film- und Serienchaos gesorgt. Und das gilt heute noch immer, wenn nicht sogar noch mehr. Denn die Vielfalt an Filmen, Serien und Dokumentationen war nie größer. Das ist Fluch und Segen zugleich.
Programmzeitschriften sind da mit ihren Bewertungssystemen wichtiger denn je. Und ich muss gestehen: Selbst für mich als Film-Junkie, TV-Addict und Berufs-Gucker, der als Filmkritiker angefangen hat und jeden Abend viele Filme und Serien schaut, ist es unmöglich, sämtliche Neuerscheinungen im Blick zu haben. Da bin ich einmal mehr dankbar für meine Redaktion und einen Blick in unsere großartigen Programmhefte. Entertainment-Stress kann schließlich keiner gebrauchen.
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