Frühstück aus dem Internet: Die Gründer von mymuesli haben online Erfolg mit individualisierten Flocken-Mischungen. 566 Billiarden Kombinationen bietet das Startup um Philipp Kraiss, Max Wittrock und Hubertus Bessau an. Ihre teuren Müslis gibt’s inzwischen auch in normalen Ladengeschäften. Tatjana Kerschbaumer hat für die turi2 edition5 gekostet.
Wer nach Passau kommt, freut sich am Stephansdom, der Veste Oberhaus und dem Dreiflüsseeck mit blauer Donau, grünem Inn und schwarzer Ilz. Auch verhungert ist in Niederbayern noch niemand, in der Stadt gibt es “Saure Watschn” – angemachte Innereien wie Herz, Leber und Niere – oder die berühmten “Passauer Goldhauben”, Pralinen mit Marillenfüllung und Blattgold-Dekor. Und es gibt Müsli. Genau genommen: 566 Billiarden Müslis.
Schuld an der Körnerflut sind Philipp Kraiss, Max Wittrock und Hubertus Bessau. Die drei Kommilitonen entwickeln noch während ihres Studiums in Passau 2005 die Idee zu mymuesli, dem Frühstück zum Selbermixen. Heute kann sich der Knusperfreund im namensgleichen Online-Shop durch “Müslibasis”, “Früchte”, “Nüsse & Kerne” sowie “Schoko” klicken und muss wählen: Urgetreide oder Tropica, Cashews oder Kokosraspeln, Cranberries oder Salted Caramel Crispies? Oder alles? Macht insgesamt 566 Billiarden mögliche Müsli-Kombinationen. Für Zauderer gibt es Vorgemischtes – 575 limitierte Gramm Pink Granola – oder klassisches Bircher Müsli.
mymuesli wird groß in einer Zeit, in der immer mehr Menschen auf ihre Ernährung achten und gleichzeitig das digitale Shopping entdecken. 2007 startet das Unternehmen als reiner Online Händler und fährt im selben Jahr bereits 1 Mio Euro Umsatz ein. Die Kunde vom personalisierbaren Frühstück verbreitet sich wie ein Lauffeuer und weit über Passau hinaus. Mundpropaganda, gute Kontakte zu Presse und Bloggern machen es möglich. Experten würden die damalige Strategie heute “Influencer Marketing” nennen – die bunten Boxen von mymuesli tauchen plötzlich auf Küchentischen von Menschen auf, die munter im Netz verbreiten, was sie essen und wo sie es herhaben. Tschüss, 08/15-Cornflakes, hallo Individualität. Mittlerweile ist der Umsatz neunstellig und Betriebsgeheimnis, das Unternehmen wächst stetig – und mehr als 800 Mitarbeiter bringen die frohe Müsli-Botschaft unters Volk.
Im Gegensatz zu Unternehmen, die ihre Produkte klassisch offline anbieten und irgendwann einen Online-Shop dazubasteln, machen es die Gründer von mymuesli genau umgekehrt. Zwei Jahre nach dem Start im Netz eröffnen sie in der Passauer Altstadt ihr erstes Geschäft mit 20 Quadratmetern Verkaufsfläche. Schlanke 400 Euro Miete monatlich kostet der Spaß. Trotzdem verkaufen Kraiss, Wittrock und Bessau nicht auf gut Glück. Stattdessen analysieren sie fleißig die Online-Bestelldaten ihrer Kunden: Welches Müsli kommt besonders gut an, welcher Mix verkauft sich in der Region am besten? Was ist eher ein Flop – und muss deshalb nicht ins Regal? Mittlerweile hat mymuesli 55 Filialen in sechs Ländern und kooperiert außerdem mit Rewe und Edeka.