turi2 edition #20: Werden Nachhaltigkeits-Rankings wichtiger als Geldgewinne, Thimo Stoll?
23. Januar 2023
Der Markt regelt: Umweltbewussten und sozialen Unternehmen sagt KPMG-Partner Thimo Stoll in der turi2 edition #20 eine erfolgreichere Zukunft voraus. Noch fehle es an vergleichbaren Kennzahlen, wenn Unternehmen über ihren Einsatz für die Nachhaltigkeit berichten. Das könnte sich aber schon bald ändern – auch dank einer Vorgabe der EU.
Von Thimo Stoll
Nein, das sehe ich nicht. Ich bin davon überzeugt, dass sich das Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bereits in Auflösung befindet und mit zunehmender Transparenz und Objektivität in der Nachhaltigkeitsberichterstattung verschwinden wird.
Nachhaltigere Unternehmen werden langfristig schlicht auch wirtschaftlich erfolgreicher sein. Sie werden durch umfassendere Berücksichtigung von Umwelt- und sozialen Risiken resilienter sein. Sie werden durch innovative Produkte und Dienstleistungen, die auf die Nachhaltigkeitsziele ihrer Kunden einzahlen, Marktanteile absichern und profitabel wachsen. Sie werden durch effizienteren Ressourcen-Einsatz und eine bessere Bindung der Mitarbeitenden Kosteneinsparpotentiale realisieren. Zudem werden sie geringere Finanzierungskosten haben. Führende Finanzinvestoren haben dies im Übrigen erkannt und nutzen die Nachhaltigkeitsperformance ihrer Beteiligungen bereits heute als Wertsteigerungshebel.
Nachhaltigkeits-Rankings wurde lange Zeit keine große Beachtung geschenkt. Mittlerweile schauen jedoch viele meiner Kunden ganz genau hin, wo das eigene Unternehmen hier steht. Ich gehe stark davon aus, dass einige dieser Rankings in den nächsten Jahren neu geschrieben werden müssen. Aktuell sind zwischen Unternehmen vergleichbare nicht-finanzielle Kennzahlen Mangelware. Die derzeitigen Einstufungen spiegeln in Teilen eher den Umfang der Offenlegung als die tatsächliche Performance wider. Die Corporate Social Responsibility Directive wird hier zum Game Changer: Gemäß dieser EU-Richtlinie müssen perspektivisch selbst kleinere Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden oder 40 Mio Euro Umsatz entlang konsistenter Kennzahlen zur Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit berichten.
Die so geschaffene Transparenz wird einerseits die Rankings robuster machen und andererseits objektivere Kunden-, Mitarbeitenden- und Investoren-Entscheidungen ermöglichen. Um die Frage aufzugreifen: Die Zukunft wird Nachhaltigkeits-Rankings und Geldgewinne in Einklang bringen – auch wenn der Weg dorthin für die meisten Unternehmen ein herausfordernder sein wird.
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