Wie machen Chef*innen auf Distanz einen guten Job, Antonia Götsch?
26. Januar 2021
Chefin aus der Ferne:Antonia Götsch, Chefredakteurin des “Harvard Business Manager”, schreibt in ihrem Gastbeitrag für die turi2 edition #13 über die Besonderheiten beim Führen aus dem Home-Office. Ihre Devise lautet: “Mach deinen Job, wo du willst: Hauptsache, du machst ihn gut.“ Sie können das Buch hier als kostenloses E-Paper lesen oder gedruckt bestellen.
“Was für ein Pech!“ Die meisten Menschen, denen ich erzähle, dass ich mein neues Team bislang fast nur virtuell kenne, bemitleiden mich. Sie vermuten, mein Start als Chefin im März 2020 müsse ungewöhnlich hart gewesen sein. Heute glaube ich, dass es mir die Pandemie eher leichter gemacht hat.
Wir sind als Team schnell zusammengewachsen, haben geplante Titel umgeschmissen, Prozesse entwickelt und eine neue Website hingestellt. Ich habe in meiner Führungsrolle schon immer gesagt: “Mach deinen Job, wo du willst: Hauptsache, du machst ihn gut.“ In den letzten Monaten hat sich für mich bestätigt, wie wichtig Vertrauen ist. Kompetenz, Engagement, guter Wille – all das läuft ins Leere, wenn Führungskräfte ihren Leuten nicht vertrauen und vice versa.
Es lohnt sich, Vertrauen zu schenken, auch wenn man sich noch nicht gut kennt, unsicher ist oder unter Druck steht. Ich bin – bildlich gesprochen – einfach gesprungen, denn ich kannte viele Prozesse noch gar nicht, als wir von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice gewechselt sind. Ich habe mich getragen gefühlt von meinen Kolleg*innen, ihrer Erfahrung und ihrem Engagement.
Als Chefin versuche ich, einen Rahmen zu etablieren, der es leichter macht, verschiedene Bedürfnisse anzusprechen und Kompromisse zu entwickeln. Richtig nach vorn gebracht hat uns dabei ein Workshop im Sommer, für den wir alle in Hamburg zusammenkamen. Wir werden solche Formateweiter brauchen, vor allem, wenn wir seltener an einem Ort arbeiten.
Meine größten persönlichen Entwicklungsfelder 2020 waren Struktur und Disziplin. Ich bin eine Chefin, die gerne fix rumkommt, um ein Thema zu klären. Ich mag es, kreative Ideen in der Kaffeeküche zu wälzen und zu improvisieren. In digitalen Meetings steht man ohne Agenda und Vorbereitung jedoch nackt da. Ich trete mir daher in den Hintern, bereite Konferenzen sorgfältiger vor und erstelle häufig Präsentationen. Das macht Arbeit, aber ich spüre, wie viel das bringt. Womit ich mir selbst einen Gefallen getan habe: die virtuelle “HBM-Teeküche“ im Chat einzuführen, wo wir lustige GIFs, Pannen des Alltags, aber auch schöne Dinge teilen. Smalltalk und Humor wirken an einem Tag voller Digitalkonferenzen zwischendurch wie eine Tasse Espresso.