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Zum Tod des Medienforschers und Publizisten Lutz Hachmeister. Ein Nachruf von Hans-Jürgen Jakobs.

4. September 2024

Erinnerungen eines Freundes: Der Medien­forscher, Autor und Dokumentar­filmer Lutz Hachmeister ist am 26. August im Alter von 64 Jahren in Köln gestorben. Medien­journalist Hans-Jürgen Jakobs erinnert in seinem Nachruf für epd Medien an einen Menschen, der “mehr als genug über die Bausteine der Aufmerksamkeits­ökonomie Deutschland” gewusst hat: “Sein Ton war laut, aber er traf ihn.” Jakobs beschreibt seinen Freund als “scharf­züngigen, uner­bittlichen, so unkorrum­pierbaren wie unbequemen Medien­kritiker”. Hachmeister habe “immer wieder seine erstaunliche Bildung für die eigene künstlerische Frei­heit genutzt” und ein “ausge­prägtes Gespür dafür gehabt, wo eine gute, noch nicht wirklich entdeckte Story lag”. turi2 veröffentlicht den kompletten Nach­ruf in der Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.

Von Hans-Jürgen Jakobs / epd Medien

Enttäuschte Liebe ist der Treibsatz für manches Engagement, und so erklären sich vielleicht die vielen klaren, harten Worte, die Lutz Hachmeister immer wieder für ARD und ZDF gefunden hat. Das Thema begleitete den bekannten Publizisten und Medienforscher während seines gesamten beruflichen Lebens. Einerseits waren die „Anstalten“ für ihn unverzichtbarer Pfeiler einer Kulturnation, geliebtes Erbe von Sir Hugh Carlton Greene, andererseits aber war da ein bürokratisches Monster gewachsen, das dem standardisierten Quotenjagdbetrieb nachging und sich gegen Innovationen im Programm erfolgreich immunisierte, ganz so, als würden da andauernd Affenpocken zum Angriff ansetzen.

Ihn überraschte, nach eigenen Worten, „der inzwischen eklatante Mangel an satisfaktionsfähigen Persönlichkeiten im System“. Selbst ein Patriarch wie Dieter Stolte vom ZDF habe immer über eine philosophische Grundierung verfügt, heute aber regiere „der machtbewusste Technokrat, der komplett in einem inzestuösen System groß geworden ist.“ Das sagte Hachmeister im Herbst 2022 in seinem letzten Interview im „Handelsblatt“, eine Bilanz der vielen Skandale in den Funkhäusern, beim RBB und anderswo.

Unbequemer Medienkritiker

Wenn es um die Öffentlich-Rechtlichen ging, wurde der vielfach ausgezeichnete, profilierte Autor und Dokumentarfilmer Hachmeister wieder zu jenem scharfzüngigen, unerbittlichen, so unkorrumpierbaren wie unbequemen Medienkritiker, wie er es eingangs seiner Karriere von 1987 bis 1989 als Redakteur beim „Tagesspiegel“ in Berlin gewesen war. Dort galt der promovierte Kommunikationswissenschaftler damals als Mann der Zukunft, weil er auf der Medienseite ausführlich die „Neuen Medien“ bespiegelte, also im Wesentlichen Sinn und Unsinn des sich heranwanzenden Privatfernsehens.

Zeit seines Lebens galt: Wer bei Lutz Hachmeister eine Meinung bestellte, bekam sie auch. Er wusste wie kein anderer um Bedürfnisse und Zwänge der Mediengesellschaft, und natürlich auch, wie er die Erwartungen an ihn am besten zu erfüllen hatte. Und so finden sich in den Archiven viele Beiträge zu aktuellen Medienfragen aus seiner Feder und noch mehr Interviews aus all jenen Jahren, als Leitmedien noch leiteten und noch nicht angefangen hatten, Twitter-Texte als Meinungen des Volks zu verkaufen, weil sie zwanghaft juvenil sein wollten. Das fand Hachmeister degoutant. Seine Rolle changierte zwischen der Neigung zum oft giftigen Aphorismus à la Johannes Gross und zur Analysekritik wie bei Walter Benjamin.

Algorithmen statt Geistesblitze

Lutz Hachmeister machte es niemanden leicht, am wenigsten sich selbst. Den Journalisten und Medienmanagern hielt er vor, es im Selbstbild freischwebender „Herolde der Meinungsfreiheit“ an der gebotenen Reflexion fehlen zu lassen, weshalb eine unabhängige Medienkritik so wichtig sei, die bei aller Geschmackssicherheit auch mit Daten und Fakten operieren könne. Es gebe angesichts des fortwährenden wirtschaftlichen Drucks eine journalistische „Grundtendenz zum Alarmismus“, schrieb er, erkennbar hadernd, in seinem Buch „Nervöse Zone“ (2007) über das manisch-depressive Treiben der medialen „Berliner Republik“. An die Politik wiederum appellierte er, sich endlich wieder – gegen die neuen Monopole aus Kalifornien und China – um Medienpolitik richtig zu kümmern.

Medienforscher Hachmeister, in Dortmund zum Journalismus-Professor geworden, litt sichtlich darunter, dass junge Menschen Publizistik zunehmend nur noch über Plattformen wie Facebook oder X oder Youtube wahrnehmen, dass die „Vierte Gewalt“ also so gewaltig nicht mehr ist und die ganz wenigen Usurpatoren von Social Media stattdessen die Meinungsbildung in einer Art Chaos-Regime übernommen haben, wovon Populisten wie die Abräumer der AfD derzeit profitieren. Wo früher ein Geistesblitz war, ist jetzt ein Algorithmus.

In jährlichen Umsatz-Ranglisten ließ Hachmeister den ökonomischen Abstieg früher global wirkmächtiger deutscher Konzerne wie Bertelsmann genau dokumentieren und sah voraus, dass Unternehmen wie Springer und Burda in einigen Jahren in ihrer jetzigen Form gar nicht mehr existieren werden.

„Er war der schlauste Provokateur, den das Land je hatte.“

Als Chef des Adolf-Grimme-Instituts in Marl (von 1989 bis 1995, zu einer Zeit, als es noch als „satisfaktionsfähig“ galt), als Gründer des Film- und Fernsehfests „Cologne Conference“ sowie des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik und in der Funktion des Beraters wusste er mehr als genug über die Bausteine der Aufmerksamkeitsökonomie Deutschland. Er durchschaute das System. Sein Ton war laut, aber er traf ihn. Er war der schlauste Provokateur, den das Land hatte. Ein Mann für jedes Podium.

Sein umfangreiches Wissen, seine immer wieder erstaunliche Bildung hat Hachmeister für die eigene künstlerische Freiheit genutzt, sich jenseits des Mainstreams in zeitgeschichtlich wichtige Themen hineinzubohren und die Ergebnisse dann prominent in den Kulturbetrieb einzuspeisen, gerne in der Lieblingskombination effizienter Marktdurchdringung: als Film im Öffentlich-Rechtlichen (einmal auch bei RTL) und dazu als lesenswertes Buch, was natürlich nicht immer klappte.

Hannover als Machtzentrum

Eines seiner Lieblingsthemen war der heimliche unheimliche Nazismus der ersten 30 Jahre Bundesrepublik, als etwa „Spiegel“-Eminenz Rudolf Augstein alte SS-Kräfte in der Redaktion zwecks besserer Rechercheergebnisse beschäftigte und ein denkwürdiges Gespräch mit Martin Heidegger zustande brachte. Oder als Hanns Martin Schleyer, einst Chef des nationalsozialistischen Studentenwerks in Orten wie Heidelberg, Innsbruck und Prag, zum Verbandschef der Industrie und der Arbeitgeber aufstieg, ehe ihn RAF-Terroristen ermordeten. Geschichten der deutschen Geschichte.

Er porträtierte den amerikanischen Kommunistenfresser Joe McCarthy genauso wie den Propagandisten und Volksverführer Joseph Goebbels (mit Michael Kloft), setzte sich mit der Freien Deutschen Jugend (FDJ) der verblichenen DDR auseinander (mit Mathias von der Heide), spürte im Film den Medienfiguren Marcel Reich-Ranicki (mit Gert Scobel), Günter Wallraff sowie Peter Hartz nach und schilderte zwischen zwei Buchdeckeln Hannover als Machtzentrum und Symbol einer zunehmend in einem Agenda-Setting-Wahn vernetzten Republik, die einmal tatsächlich Gerhard Schröder (Gazprom) oder Carsten Maschmeyer (AWD) als Leitwölfe gefeiert hat, ganz nach dem Motto: Provision ist auch eine Vision.

Die letzten Monate hatte sich der so provokante wie produktive Lutz Hachmeister intensiv mit den mehr als 100 Interviews auseinandergesetzt, die der spätere Massenmörder Adolf Hitler gegeben hat, um sich ausländischen Journalisten gegenüber strategisch in günstiges Licht zu rücken. Eine große Fleißarbeit, der Autor war ein akribischer Quellen-Stöberer. Auch wieder so ein Projekt, bei dem man sich fragt, warum vor Lutz Hachmeister noch niemand darauf gekommen war. Er hatte ein ausgeprägtes Gespür dafür, wo eine gute, noch nicht wirklich entdeckte Story lag. Das Buch ist vom Verlag Kiepenheuer & Witsch für den 7. November angekündigt.

Neben all der doch schweren Kost aus dunkler Zeit hatte der Multi-Medienakteur ein Faible für die schönen Seiten des Lebens, wenn man so will, für die „Austern-für-alle“-Philosophie eines Daniel Cohn-Bendit. Der im nordrhein-westfälischen Minden geborene Hachmeister wagte so sein Techtelmechtel mit dem Glamourösen, Mondänen. Das drückte sich in einer TV-Reportage über Spitzengastronomie aus, vor allem aber in der äußerst emotionalen Zuwendung zum Städtchen Juan-les-Pins an der Côte d’Azur. Das war sein Sehnsuchts-, Referenz-, Lieblingsaufenthaltsort. Hier schätzte er die Verbindung aus Sonne, Meer, Lebensart und Geschichte.

Eine Geschichte, in der Literatur, Bildende Kunst, Film und Glamour eine eindrucksvolle Liaison eingegangen waren. Hachmeister machte zwei Filme zum Thema und publizierte „Hotel Provençal“, das Buch über einen einst glanzvollen Jet-Set-Tempel in Juan-les-Pins, in dem sich die Kennedys, Winston Churchill, Lilian Harvey, F. Scott Fitzgerald, Charlie Chaplin und viele andere mehr verlustierten – und in dem sich heute Luxus-Apartments finden. Hachmeister gefiel die Vorstellung, dass Picasso durch örtliche Straßen mit blankem Oberkörper spazierte.

Immer derselbe Pinienblick

Es handele sich bei Juan-les-Pins „um eine unmittelbar fiktionalisierte Wirklichkeit“, kommentierte er. Jahrzehntelang residierte Hachmeister in diesem Küstenort, wenn im nahen Cannes mal wieder im Frühjahr und Herbst zum Jahrmarkt der Eitelkeiten, sprich zu Fernsehmessen, gerufen und trompetet wurde. Immer dasselbe Hotel, immer derselbe Pinienblick. Déjà-vu, aber vom Feinsten.

Sein Traum für die kommenden Jahre war, noch oft hier zu sitzen, mit dem Glas Rotwein in der Hand, die alten Lebemänner und Lebefrauen im Herzen, das ein oder andere Projekt trotz Ruhestands im Kopf, der untergehenden Sonne genüsslich zusehend. Es ist anders gekommen. Der so begabte Medienforscher, Regisseur, Autor, Journalist, Institutsleiter und Republikerklärer Lutz Hachmeister ist plötzlich und unerwartet am 26. August im Alter von 64 Jahren in Köln gestorben.

(Header-Foto: Dieter Anschlag)

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